Sonntag, 21. März 2010

Neuseeland: unterkühlt und verzaubert auf der Südinsel

Der Flug von Australien nach Neuseeland dauerte nur drei Stunden, führte aber dennoch in eine gefühlt andere Welt. Schon der Flughafen in Christchrch, immerhin eine der größten Städte des Landes, wirkte eher wie ein durchschnittlicher australischer Busbahnhof als das Ziel vieler internationaler Airlines. Auch die Stadt selbst kommt eher wie ein schrullig-schnuckeliges englisches Dorf daher, einladend und gemütlich, aber eben kaum städtisch. Apropos englisch: Die Fahrt vom Flughafen ins Zentrum erzeugte bei uns ein kleines Déjà-vu, nur in mindestens zwei Nummern kleinerer Ausführung. Die erste Busfahrt unserer Weltreise in London von Gatwick ins Zentrum erzeugte annähernd die gleichen Bilder von kleinen Vororten und wuseligen Wiesenlandschaften. Canterbury is indeed very British. Ungefähr so kalt wie hier - es waren ungewohnte 18 Grad - dürfte sich wohl auch der Spätsommer im britischen Mutterland anfühlen.
Es sollte aber noch ungewohnter kommen, als wir am nächsten Tag unserem nunmehr gewohnten Fortbewegungsdrang die erhoffte Befriedigung verschafften. Ein kleiner Campervan ist nämlich nun vorübergehend in unserem Besitz, mit dem wir recht rasant zuerst die Süd- und dann die Nordinsel unsicher machen können. Das gute Stück ist zwar nicht das jüngste und modernste Exemplar seiner Art, doch hat es mit kombinierbarer Sitz- Bettecke, Küchenzeile und Kühlschrank alles was das Globetrotterherz begehrt. Und die inzwischen geknackten 490.000 km auf dem Tacho zeugen zumindest von einer gewissen Zuverlässigkeit des Vehikels. Also nichts wie los und ab in den Süden!
Große Vorschusslorbeeren erntete die Südinsel Neuseelands bei uns, denn jeder, mit dem wir über das Land der Kiwis sprachen, schwärmte vor allem vom malerischen Süden. Nun, er ist in der Tat malerisch. Allein die Farben der Natur fallen hier viel intensiver als gewohnt aus, sei es das milchige Blau der sanften Bergseen, das Sandbraun der steilen Berge im Osten oder das satte Grün des kalten Rgenwaldes im schroffen Westen. Ebenso faszinierend ist der ständige und doch immer wieder plötzlich wirkende Wechsel von flachen Ebenen und empor schießenden Berghängen von oft über 1.000 Metern Höhe. Lorbeeren erhält die Südinsel also auch in Retrospektive von uns. Allerdings - und hier gehen unsere Meinungen das erste Mal erwähnenswert auseinander - vergibt Nina deutlich mehr Pluspunkte als ich. Denn ich bin jetzt einfach froh, in den warmen und eher tropischen Norden zu fahren. Je weiter südlich wir gelangten, desto kälter wurde es nämlich; 15 Grad Tageshöchstwert war schon ein wohliges Gefühl! Die Nächte im Van waren ohne Heizstrahler nicht auszuhalten. Dies ist für mich ein echtes Ausschlusskriterium, denn ich liebe die Wärme und wollte unserem ungemütlichen deutschen Winter entfliehen. Auch waren für mich die Landschaften oft überraschend karg; auch nicht gerade ein Paradies für Liebhaber von üppiger vielfältiger Vegetation. Nina hingegen liebt die Farb- und Formenkontraste der weitläufigen unberührten Landschaften, die auch immer etwas Mysthisches mitschwingen lassen. Die Abwechslung von Bergen, Wiesen, Seen von unglaublicher Farbe und natürlich die vielen Schafe lassen ihr Herz höher schlagen. Das Land von "Der Herr der Ringe" ist genau ihres. Stimmig ist wiederum, dass ich mit diesen Geschichten wenig anfangen kann. :-)
Alles in allem wollen wir beide aber die Zeit hier nicht missen. Die Campervantour ohne große Pläne in die Weite der Natur hinein gerade zu den unbekannten Orten, an die uns die Stimmung treibt, ist gelebte, pure Freiheit! Hier ein Stop, da ein Abstecher, und wenn uns der Hunger packt, dinieren wir mit Hilfe der Vanküche einfach ungestört irgendwo im Nirgendwo. Großartig!
Zu sehen bekamen wir nebnbei Orte, deren Namen für Uneingeweihte wie Schall und Rauch klingen und daher nichts zur Sache tun sollen. Grob skizziert führte uns unser Roadtrip in einer im Uhrzeigersinn gezogenen Schleife von Christchurch aus über die großen Seen und am alles überragenden Mount Cook vorbei am südliche Queenstown bis an die feuchte, vom wilden Ozean gepeitschte Westküste. Dort passierten wir zwei Gletscher (einen mit dem skurrilen Namen "Franz Josef"), die fast auf Meereshöhe im kalten Regenwald liegen - was für ein Kontrast! Je weiter nördlich wir gelangten, desto wärmer wurde es zu meiner großen Freude auch wieder, ohne dass die Schönheit der (hier deutlich bewachseneren) Landschaft zugleich zu leiden hatte. Heute mussten wir schließlich nicht mehr frieren, denn im nördlichen Fjordland der Südinsel auf dem Weg zum Hafen von Picton entdeckten wir die Sonne wieder. Schaurig konnte es nur zwischenzeitlich auf der vielleicht kurvenreichsten Bergtrecke, die wir bislang gefahren sind. Der Weg zur Fähre bietet nämlich glichzeitig spektakuläre Ausblicke und bedrohliche Schluchten an enger Fahrbahn. Hier sollte man wirklich nur ausgeschlafen fahren!
Zu der nun nötigen Entspannung verhilft uns gerade die Fährfahrt nach Wellington. Die See ist ruhig, wir können uns also stressfrei auf den zweiten Teil unserer Neuseeland-Campervantour vorbereiten. Auch unser geschundenes Fahrzeug darf mit und wartet im Bauch des Schiffes auf uns. Gleich holen wir es wieder ab und warten auf das, was danach geschehen wird.

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