Sonntag, 14. März 2010

Australien: Zurück in der Zivilisation

Das anstrengende Outback haben wir nun endgültig hinter uns gelassen und befinden uns nun wieder zurück in der Zivilisation, die in unserem Fall auf den Namen Melbourne hört. Bis dorthin brauchte es freilich etwas mehr als nur eines Wimpernschlags (oder, um es etwas mehr erfahrungsunterfüttert zu sagen: der inzwischen instinktiven Fliegenverscheuchungshandbewegung).
Der Zug von Alice Springs nach Adelaide - genannt "The Ghan" angelehnt an die zuvor auf der Strecke eingesetzten afghanischen Kamele - brauchte nur etwas weniger als 24 Stunden, um die Südküste Südaustraliens zu erreichen und war damit sogar seinem eigenen Fahrplan ein wenig voraus. Ob dies auch die Deutsche Bahn so gut hinbekommen hätte darf nicht nur auf Grund allgemeiner Erfahrungswerte, sondern auch angesichts des logistischen Aufwands zumindest angezweifelt werden. Der "Ghan" schlängelt sich nämlich in 900 Metern Zuglänge durch eine fast durchweg einspurige Strecke mit Gegenverkehr in Form von Güter- anderen "Ghan"-Zügen durch die Wüste. In Adelaide angekommen passte das Monstrum wegen seiner Länge nicht einmal in den Bahnhof, sondern musste erst zweigeteilt werden. Trotzdem hatten wir schleunigst unser Gepäck in der Hand und konnten einen halben Tag die Stadt unsicher machen.
Obwohl wir während der Fahrt fast nur rostrotes Nichts gesehen hatten, erwies sich Adelaide schnell eher als Provinzstädtchen denn als Metropole. Die offiziell angegebenen 1,1 Millionen Einwohner müssen sich wohl auf ein riesiges Umland (unser Tipp: den kompletten Staat South Australia) beziehen, um irgendeine Legitimität zu erlangen. Der Ort mit einer lebhaften Chinatown verdient das Prädikat "ganz nett", das ist aber auch alles. Umso besser für uns, dass wir nicht mehr Zeit hier eingeplant hatten, sondern schon am Abend in den Nachtbus nach Melbourne stiegen.
Spätestens seit gestern Morgen, unserer Ankunft an der repräsentativen Southern Cross Station, sind wir wieder vollends in der Zivilisation. Melbourne hat einfach alles zu bieten: ein malerisches Stadtbild, breite prachtvolle Hauptstraßen und kreuzende mediterran wirkende Seitengässchen mit malerischen Cafés sowie nicht zuletzt eine gelebte Gastfreundlichleit mit vorbildlichem Besucherservice. An jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken, egal ob zu Fuß oder auf einem der kostenlosen (!) Besucherbusse bzw. - straßenbahnen. Schnell war uns klar, dass das ewige von Rivalität geprägte Duell zwischen Sydney und Melbourne jedenfalls bei uns zu Gunsten der südlichsten Stadt Australiens im Staat Victoria entschieden wurde.
Exemplarisch für das gewisse Extra, das man hier kontinuierlich spürt, soll hier die Sportbegeisterung der Melbourner angeführt werden. Rugby und etwas weniger auch Fußball begeistern die Stadt ebenso wie die Australien Open Tennis oder der bald anstehende Formel
Eins Grand Prix. Die Mutter aller Emotionen wird trotz allem aber bei Australian Rules Football geschürt, einer besonders harten und abgefahrenen Variante des Rugby auf ovalem Spielfeld, die in Melbourne ihre Wurzeln hat. Ich gönnte mir das Erlebnis, bei dem Finale des "Vorsaisonpokals" (sprich: es ging um die goldene Ananas, ähnlich wie beim Super Cup in der Bundesliga) dabei zu sein. Melbourne spielte im kleinen Stadion, das nach einer Fluggesellschaft aus Abu Dhabi benannt ist und "nur" 50.000 Zuschauer fasst, unter sich. Die Westend Bulldogs besiegten St. Kilda F.C. mit 104:64, und ich habe nichts verstanden. Die Stimmung war dennoch prächtig und es ging körperlich ordetlich zur Sache. Ein netter Sportabend, obwohl ich leider den wahren Sporttempel, den Melbourne Cricket Ground mit 100.000 Plätzen, verpasst habe. Wie auch immer, ich war gut beschäftigt und Nina wurde für ihre Geduld später mit einer gemeinsamen Flasche Wein auf der Dachterrasse unserer Unterkunft belohnt.
Heute gingen wir den zweiten Teil des Sightseeing etwas lockerer an, wohl wissend, dass wir eh mal wieder zu wenig Zeit hatten. Die Innenstadt und auch das Strandviertel von St. Kilda kennen wir nun immerhin etwas besser. Ein ordentliches australisches Dinner mit Krokodil, Emu und Känguru rundete dieses ausgezeichnete Wochenende schließlich gekonnt ab.
Wir brauchen jetzt nur noch etwas Schlaf, um morgen früh fit für Neuseeland zu sein.

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