Freitag, 14. Mai 2010

Finale in Florida

Das waren nun (fast) unsere (fast) neunzig Tage um die Welt. Wir sitzen im Flugzeug von Orlando nach London und werden diesen Eintrag vielleicht auf unserem Zwischenstop nach Köln, vielleicht aber auch erst zu Hause veröffentlicht haben. Jedenfalls soll dies unsere letzte Meldung von unserer in allen Belangen bemerkenswerten Weltreise sein. Wir sind - trotz aller Vorfreude auf ein Wiedesehen mit Familie und Freunden - ausgesprochen traurig darüber, dass nun alles vorbei sein soll. Es war einfach zu phantastisch!
Zum "Glück" tröstet uns über unsere Betrübtheit ein wenig die Erinnerung hinweg, dass Florida sicher nicht das allerschönste unserer Ziele war. Es tat sehr wohl noch einmal richtig gut, eine Menge Sonne zu tanken (von der wir hoffentlich eine ordentliche Portion mit nach Köln bringen werden), doch konnten wir uns nicht so recht an die klischeehaft aufgesetzte Art der oft als Realkarikatur daherkommenden Einheimischen gewöhnen. (Parodien auf US-typisches Leben nach Manier der "Simpsons" verstehen wir jetzt noch besser!) Nun können wir zudem vergleichen und wissen für uns: Kalifornien (jenseits von Disneyland ;-)) war uns viel angenehmer als Florida!
Wir wussten aber dennoch die Reize des "Sunshine State" zu genießen, seien es die tollen weißen Sandstrände von Fort Lauderdale und Miami Beach, das ökologische Unikum der Everglades oder die faszinierenden, zu Wirklichkeit gewordenen Visionen der Raumfahrt in Cape Canaveral. Nichts von all diesen einzigartigen Erlebnissen wollen wir missen! Das floridianische Finale unserer Weltumrundung war dem ganzen Unternehmen würdig.
Und dennoch vermissen wir irgendwie die zur Routine gewordene schlaflose Umtriebigkeit, das zügellose Entdeckertum, die Reizüberflutungen, die unsere zigfachen Erlebnisse so sehr prägten. Hinzu kommen die "kleinen" Dinge wie die oft erwähnten frischen Papayas zum Frühstück... Dies alles zu verarbeiten wird noch einige Zeit dauern und beginnt wohl erst dann, wenn wir unser latentes Schlafdefizit einmal ausgeglichen haben sollten. Danach aber freuen wir uns schon darauf, mündlich und persönlich zu berichten. Bis dahin: Danke fürs oft Geduld raubende Lesen unserer bescheidenen Reisedokumentation!

Sonntag, 9. Mai 2010

Panamá-Stadt - Metropole, Ruine und etwas dazwischen

Unsere zwei Tage und eine Nacht in Panamá-Stadt waren nicht nur der erwartete Kontrast zum entspannten Postkartenidyll von Bocas del Toro, sondern zehrten auch nachhaltig an unserer fleißig in der Karibik aufgetankten Kraft. Die Nachtbusfahrt quer durchs Land in die einzige Metropole zwischen Mexiko und Kolumbien rüttelte uns ziemlich durch, sodass wir um fünf Uhr morgens zwar wach, aber nicht ausgeschlafen die Stadt betraten. Dennoch hieß es für uns nur "carpe diem", denn die Zeit hier war besonders knapp, also erst recht kostbar.
Und ganz gegen den beschämenden Trend im Verhältnis des Euro zu jeder unserer Reisewährung tauschten wir die Zeit zu einem ziemlich guten Kurs ein. Vormittags erkundeten wir die Umgebung unseres Hostels, nämlich die Altstadt auf der Halbinsel südlich der Bucht von Panamá. Casco Viejo, so der Name dieses malerischen Fleckchens Kolonialgeschichte, ist voll mit alten spanischen Gebäuden, vor allem Kirchen, Plätzen und Palästen. Manche sind ganz im Sinne ihres Status als Unesco-Weltkulturerbes bestens restauriert, andere wiederum sind bessere Ruinen hinter einer Fassade. Dem Charme des Viertels tut dies keinen Abbruch, es wirkt sogar recht ehrlich und authentisch.
Ganz im Gegensatz dazu steht die Aussicht, welche die Altstadt zu bieten hat: Blickt man nach Norden, glaubt man New York City zu sehen. Das moderne Panamá-Stadt ist eine glitzernde Hochhauswelt aus Banken, Wohnpalästen und Shopping-Malls. Also ziemlich das letzte, was man in Mittelamerika erwartet, wenn man das Umland und auch die anderen Staaten der Region gesehen hat. Blickt man in die andere Richtung, zeigt sich der pazifische Ozean gesäumt mit Schiffen. Eben diese stehen Schlange vor der Einfahrt in den Panamá-Kanal, den Hauptgrund für den sichtbaren Reichtum eines Großteils der Stadt. Es herrscht einfach überall Betrieb, wir sahen eine pulsierende Metropole.
Den Puls des Pulsierens nahmen wir noch am selben Nachmittag näher in Augenschein. Der Kanal, die Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, ist nicht nur eine logistische wie architektonische Meisterleistung, sondern vielleicht auch ein modernes Weltwunder. Wir sahen zwar nur die Schleusen von Miraflores, einer von dreien solcher Anlagen, doch reichte dies vollkommen, um uns restlos zu beeindrucken. Wenn Schiffe der Panamax-Klasse (größere passen bis zur Beendigung des Ausbaus zu einem noch gigantischeren Wasserweg noch nicht hindurch) die Schleusen passieren, passt buchstäblich nichts mehr zwischen Kanalwand und Schiffsrumpf. Die dort geleistete Präzisionsarbeit mit den Ozeanriesen raubt einem einfach den Atem!
Entsprechend platt waren wir auch am Ende des ereignisreichen Tages, doch der nächste sollte bald folgen. Nach der Kolonialgeschichte und der Moderne war nun Zeit für Entdeckergeschichte. Panamá-Stadt lag nämlich ursprünglich ein wenig weiter westlich am Ozean, bis es nach einem Piratenüberfall niedergebrannt und dann in Casco Viejo neu aufgebaut wurde. Die Überbleibsel aber sind heute noch als Ruinen in einer Art Freilichtmuseum, das in den Großraum der Stadt integriert wurde, zu bestaunen. Über präkulumbische Kultur und spanisches Entdeckertum sind wir nun also auch bestens aufgeklärt. Zur Verarbeitung der ganzen Kost gönnten wir uns den Nachmittag in der Moderne, nämlich im Einkaufs-, Banken- und Vergnügungsdistrikt Bella Vista. Nicht nur der wirklich schöne Blick auf Casco Viejo, sondern auch die klimatisierten Glaspaläste hatten in der feuchten Hitze (ca. 35 Grad!) einen nicht zu unterschätzenden Wert für uns.
Nun ist der Abend angebrochen. Geschlafen haben wir wenig, gesehen und erlebt dafür viel. Im Hostel warten wir jetzt auf den Transfer zum Flughafen, denn statt eines durchaus verdienten Bettes wartet ein Nachtflug nach Florida auf uns. Von Mittelamerika müssen wir uns also bald verabschieden. Panamá-Stadt war sicher unser kontrastreichster Ort auf diesem Reiseabshnitt, es kann einfach nicht in einem Wort charakterisiert werden. Ein Gesamtfazit können wir aber dennoch in einem Satz ziehen: dem Janosch-Zitat.

Freitag, 7. Mai 2010

Grenzwärtig II: Un sueño caribeño oder Oh wie schön ist Panamá

Nach den zuletzt beklagten Grenzerfahrungen wussten wir unsere letzten Tage in Costa Rica vor der nächsten vermeintlichen Ausreise-Einreise-Tortur erst recht zu genießen. Die herzliche Atmosphäre bei Marvin in San José können wir gar nicht oft genug loben. Deren Verlust sollte durch einen ruhigen, ganz und gar urlaubshaften Aufenthalt am Karibikstrand abgemildert werden, bevor Panamá unser nächstes Zielland sein sollte.
Cahuita, ein kleines, verschlafenes Dorf an der südlichen costaricanischen Karibikküste erfüllte unsere Hoffnungen voll. Tolles Wetter, eine ruhige, blockhüttenartige Unterkunft in der Nähe der Playa Negra (dem wirklich schwarzen Sandstrand) und ein phantastisches kreolisches Menü machten uns das Seelebaumelnlassen recht einfach. Die allgegenwärtige Reggaemusik tat ihr Übriges, um tags darauf mit voll ausgetattetem Nervenkostüm grenzwärts zu reisen.
Sixaola, der karibische Grenzübergang zu Panamá war nur eine anderthalbstündige Busfahrt durch dichten Dschungel, kleine Dörfer und horizontfüllenden Bananenplantagen entfernt. Was für ein Kontrast! Wir waren nicht schlecht überrascht, dass die karibische Gelassenheit offenbar auch hier regiert. Keine Händler! Keine Geldwechsler! Ausreisestempel nach zwei Minuten! So kann es also auch gehen, das war alles Andere als grenzwertig. Das große Abenteuer wartete aber im Niemandsland: Zwischen Costa Rica und Panamá hat der liebe Gott nämlich noch die Schlucht des Sixaola-Flusses gesetzt. Die galt es zu überqueren. Das einzige zur Verfügung stehende Hilfsmittel dazu ist eine nicht unbedingt europäischen Standards genügende Stahlbrücke, deren Substanz sicher schon schönere Tage gesehen hatte. Irgndwann. Vielleicht. Der Fußweg selbst besteht aus einfachen Holzbrettern, teils zusammengenagelt, teils aber auch einfach lose auf der Brückenkonstruktion liegend. Links, rechts und unten hatte man dank dieser - ich nenne sie mal wohlwollend - Panoramablickkonstruktion stets beste Sicht auf den tiefen Fluss. Eine halbe Rheinbrückenlänge später setzten wir unsere Füße endlich auf festen - panamenischen! - Boden. Und auch hier gab es anstandslos in Rekordzeit den Einreisestempel. So macht Grenzen Überschreiten Spaß, und ein kleines Abenteuer war auch noch drin!
Angesichts dessen noch mehr von der Karibiklust gepackt konnten wir es kaum erwarten, nach Bocas del Toro zu gelangen. Die "Stiermünder" sind einige der (noch) wenig beachteten insularen Karibikperlen des ohnehin nicht so sehr touristischen Panamá. Blauer Himmel, kristallklares Wasser und kilometerlange, fast unbevölkerte Strände waren genau nach unserem Geschmack. Zum Glück fanden wir auch schnell ein kleines, idyllisches und voll ausgestattetes Häuschen mit Veranda und Hängematte. So lässt es sich aushalten! Zur Erkundung der Insel half uns das lokale Massentransportmittel, nämlich das Fahrrad. Als Zubehör zum Haus erwiesen uns die - zwar klapprigen - Drahtesel beste Dienste, um "unsere" Insel genauer zu erkunden und so die schönsten und unberührtesten Strände zu erfahren. (Ganz nebenbei tat uns die erste sportliche Aktivität seit einer gefühlten Ewigkeit sicher nicht schlecht.) Die Ruhe, die Gelassenheit der Karibik und die natürliche Schönheit von Bocas del Toro waren ein gelebter karibischer Traum - un sueño caribeño! So machte es uns auch nichts weiter aus, dass wir zuletzt auf einer entspannten Katamaranfahrt das eigentliche Ziel des Ausflugs - Delfine zu beobachten - glatt verfehlten. Das schwebengleiche Gleiten durch die ruhige karibische See vorbei an Korallenriffen und Mangroveninseln machte den Tag schon bemerkenswert genug.
Leider ist auch dieser Traum inzwischen wieder ausgeträumt. Nach diesem Ruhepol unserer Durchreise wird es wohl wieder etwas aufregender und größer. Die Panamá-Stadt wartet mit ihren ganz unterschiedlichen Reizen auf uns, und natürlich auch der weltberühmte Kanal. Wir würden uns freuen, wenn wir danach auch weiterhin frei nach Janosch sagen könnten: Oh, wie schön ist Panamá!

Sonntag, 2. Mai 2010

Kurztrip nach Nicaragua: Grenzwärtiges und Grenzwertiges

Wie beim letzten Mal angekündigt, waren wir auf dem Weg für einen dreitägigen Kurztrip nach Nicaragua, den nördlichen und oft grundverschiedenen Nachbarn Costa Ricas. Inzwischen sind wie wieder heil im gelobten und liebgewonnenen Land der "reichen Küste" zurückgekehrt und um einige Erfahrungen reicher.
Wir alle (den wohl weit überwiegenden Teil der geschätzen Lesershaft eingeschlossen) haben ja das Glück, Bürger der Europäischen Union zu sein und wissen daher oft gar nicht, was es heißen kann, eine Landgrenze zwischen zwei Staaten zu überqueren. Wir wissen es jetzt umso besser (und in meinem Fall wurden alte Erinnerungen von vor vier Jahren erneuert). Es ist kein Zuckerschlecken und schon gar kein Spaß. Es ist Nerven aufreibend, langwierig und chaotisch. Es untermauert unseren Stolz auf die zahlreichen Errungenschaften unseres trotz Griechenland-Krise ausgezeichnet funktionierenden Staatenverbundes! Von neun Stunden Reisezeit verbrachten wir fast drei mit bloßen Grenzvorgängen. Im Zeitraffer bedeutet das:
1. Anfahrt = Langsames einspuriges Vorbeimanövrieren des Busses im Gegenverkehr einige Kilometer vor der Grenze an parkenden LKW-Kollonnen entlang.
2. Ausreisen aus Costa Rica = Langes Schlange stehen im Freien bei feuchter Hitze unter ständiger Abwehr von allzu geschäftstüchtigen, fritierte Nichtköstlichkeiten verkaufenden Straßenhändlern und illegalen Geldwechslern, die jedem ihre Scheine herausfordernd mit lautem Rascheln um die Ohren wedeln. Irgendwann wird endlich der Pass abgestempelt.
3. Grenzüberquerung im eigentlichen Sinne = 500 Meter im Schneckentempo durch die stark gesicherten eingezäunten Grenzposten fahren.
4. Einreise nach Nicaragua = Ausreise aus Costa Rica mit umgekehrten Vorzeichen + noch mehr nervige und aufdringlichere mit wertlosem Krempel + Gepäckkontrolle + Zahlen einer Einreisegebühr von 8 US-Dollar.
Herzlich willkommen im "Vergnügungspark" Nicaragua! Die Geisterbahn mit ihren grenzwertigen Erfahrungen gibt es gratis dazu.
Irgendwann kamen wir tatsächlich in Granada, einer der ältesten Städte des Kontinents, an. Die unzähligen charmanten Kolonialgebäude sind inzwischen alle wieder nett hergerichtet, in allen Ecken und Enden harmonieren die farbenfrohen Anstriche perfekt mit Himmel und Sonne. Es ist einfach schön anzusehen und durch die Straßen zu laufen, wo die Leute in ihren schattigen Innenhöfen im Schaukelstuhl entspannen. Sie tun übrigens wirklich gut daran, denn es war gelinde gesagt bullenheiß in Granada. Zum Schwitzen reichte es, in der feuchten Luft einfach nur zu stehen. Man muss einfach alles sehr langsam angehen lassen, aber das sind wir ja zum Glück dank zahlreicher Reiseerfahrungen bestens gewöhnt...
Leider passt zu diesem vermeintlichen romantischen Idyll die Aufdringlichkeit vieler Nicaraguaner überhaupt nicht. Dass alles etwas wuseliger und weniger geordnet abläuft als in Costa Rica ist die eine, auch sympathische Sache. Die andere ist aber, dass man an kaum einem Ort einmal in Ruhe gelassen wird, um möglichst viele Hängematten, Zigaretten oder Taxifahrten lautstark anzupreisen. Der Genuss der tollen Kulisse Garanadas mit ihren wunderschönen Kirchen, Plätzen und liebevoll gekachelten Bürgersteigen hatte oft einen bitteren Beigeschmack. Die Grenzerfahrungen wurden so oft auch in der Stadt fortgeführt, und das hat das oft geschundene Land wirklich nicht verdient.
So reisten wir mit durchaus gemischten Erinnerungen wieder zurück gen Süden. Man darf eben nicht vergessen, dass Nicaragua eines der ärmsten Länder des gesamten amerikanischen Kontinents ist und Costa Rica dagegen eines der reichsten. Armut sieht man auch vom Bus aus häufiger, es ist meist schmutziger und leider auch heruntergekommen. Die offenbar tatenlose und doch allgegenwärtige Propaganda der regierenden Sozialisten, die häufig den Eindruck eines "Kuba light" erweckte, macht die Lage der Menschen nicht besser, obwohl uns mangels echter Erfahung profunde Kritik sicher nicht zusteht und wir sie auch gar nicht üben möchten. Es sind bloß Eindrücke, die uns aber oft grenzwertig erschienen.
Dennoch können wir nicht abstreiten, dass wir uns auf der grenzwärtigen Fahrt nach Costa Rica besser fühlten, weil wir wussten, dass uns ein angenehmerer Ort erwartet. Davor stand "nur" weiteres Grenzprozedere, dass sich noch länger als jenes auf der Hinfahrt ausdehnte. Noch einmal beschreiben brauchen wir es wohl nicht bis auf die Bemerkung, dass Nicaragua wohl doch kein Vergnügungspark sein kann, weil wir auch eine Ausreisegebühr zu entrichten hatten. Wofür und zu wessen Gunsten? Lassen wir dies mal unkommentiert.
Die Freude, zurück in der Heimat San José und bei unserem Freund Marvin zu sein, währte indes leider nur einen Tag. Dies ist unserem dichten Zeitplan geschuldet, denn unsere Reise ist ja meistens in Bewegung wie ein perpetuum mobile. Wir nutzten also die wenige Zeit und verbrachten sie ausgiebig mit Marvin und seinen Freunden. Der Abschied eben fiel uns entsprechend schwer, war doch der Aufenthalt in San José einer unserer herzlichsten. Wir werden auf jeden Fall irgendwann zurückkehren und am besten etwas länger bleiben. Wir wissen jetzt erst recht, was Pura Vida ist. Wir lieben Costa Rica!

Mittwoch, 28. April 2010

Feuerwerk am Arenal

Heute gibt es zur leserfreundlichen Abwechslung mal ein kleineres Update aus Costa Rica. Da nicht allzu viel Zeit seit unserem letzten Eintrag vergangen ist und wir zugleich gerade etwas Zeit haben, sind wir froh, endlich mal ein (hoffentlich) besser verdauliches Erzählhäppchen anbieten zu können. Wir fahren gerade auf der Pamericana im "Ticabus" - einer mittelamerikanischen Buslinie, die zwischen Südmexiko und Panama verkehrt - und sind auf dem Weg nach Granada in Nicaragua. Mehr von diesem Ausflug in die grundlegnd verschiedene Nachbarschaft Costa Ricas folgt in Zukunft. Die Gegenwart ist nun ein Rückblick auf die letzten Tage. Alles klar so weit? :-)
Gestern Abend kehrten wir restlos begeistert aus einem Städtchen mit dem viel versprechenden Namen La Fortuna in unser zu Hause nach San José zurück. Zwar war es nicht die unspektskuläre Siedlung, die uns hat Feuer und Flamme werden lassen, dafür aber die Umgebung, deren Anblick uns ganz im Sinne des Stadtnamenversprechens Glück gebracht hat. La Fortuna liegt nämlich am Fuße des perfekt kegelförmig emporragenden Vulkans Arenal, der schon als solcher eine traumhafte Kulisse im Licht und Wolkenspiel des fast minütlich wechselnden Wetters abgibt. Das Schönste an Allem ist aber, dass der Arenal einer der aktivsten Vulkane weltweit ist und seit seinem Ausbruch im Jahr 1968 beständig vor sich hin spuckt. (Jener verheerende Ausbruch freilich, der einigen hundert Menschen das Leben kostete, soll hier keinesfalls glorifiziert werden. Einmal mehr beweist auch der Arenal, dass die Natur uns beherrscht und nicht umgekehrt.)
Umgeben ist der Arenal von einem Nationalpark mit unzähligen Tier- und Pflanzenarten im tropischen Regenwald; es gibt sogar wilde Truthähne, die trotz ihrer stattlichen Körpermassen in den höchsten Baumkronen balancieren. Wir balancierten auch, allerdings nicht in, sondern unter den Bäumen auf einem glitschigen Pfad zu einem Wasserfall, der nicht nur eine willkommene Erfrischung im heißen tropischen Klima, sondern auch Gelegenheit zu einem natürlichen Gesichtspeelig mit Vulkantonerde bot. Zur Komplettierung der natürlichen Spa-Möglichkeiten nahmen wir später am Abend noch ein Bad im badewannenwarmen (weil natürlich vom Vulkan aufgeheizten) Wasser des Flusses Tabacón. Es durfte mal wieder geschwitzt werden.
Sämtliche, schon für sich genommen spaßige Aktivitäten wurden zudem ganz ohne disneylandartige Tontechnik von einem gelegentlichen Donnergrollen untermalt, das nicht gerade als typischer Teil eines Wellnesserlebnisses hinzugedacht werden kann. Es war der Arenal, der auf sich aufmerksam machte, als wir uns kurz von ihm abwandten. Seiner vielleicht verletzten Eitelkeit verschaffte es Luft, indem er Felsbrocken aus seinem Krater feuerte, die mit 120 km/h seinen schönen Kegel herunterrasten. Gut, dass wir in sicherer Entfernung standen!
Noch spektakulärer zeigte sich unser übermächtiger Freund schließlich in der Abenddämmerung. Das Licht zog sich nun nämlich so weit zurück, dass man erkennen konnte, dass die ausgespuckten Felsbrocken die dicksten und fettesten Teile eines rot glühenden Lavastroms waren. Ja, wir haben in der Tat einem (wenn auch gemäßigt) ausbrechenden Vulkan zugeschaut! Es war wie ein nicht enden wollendes Feuerwerk, so wunderbar anzuschauen und vereinnahmend! Man mag sich allerdings nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn der Arenal einmal wieder ernsthaft gefährlich werden sollte. Den wunderbaren Menschen hier sei gewünscht, dass dies niemals geschehe. So aber hatten wir ein unvergessliches Vulkanerlebnis der angenehmen Art (anders als die Menschen in Europa vor ein paar Wochen); wir können eine Reise in das Glück bringende La Fortuna nur glühend empfehlen!

Montag, 26. April 2010

Costa Rica: Pura Vida in vertrauter Umgebung

Für uns ist es gerade unvorstellbar, dass heute schon unsere erste Woche in Costa Rica abläuft. Die Ankunft am letzten Montag in den frühen Morgenstunden war zwar angesichts unseres durch den unruhigen Flug verschärften latenten Schlafdefizits hart, doch vermittelte uns die schon um fünf Uhr morgens hell strahlende Sonne zumindest ansatzweise das Gefühl, die Nacht hinter uns gelassen zu haben. Euphorisiert von der ersehnten Rückkehr in die Tropen ließen wir uns dann auch nicht lange am Flughafen aufhalten, sondern fuhren schnell mit dem Bus in die Innenstadt von San José. Seitdem wohnen wir bei meinem Tico-Freund Marvin in Sabana Norte; für mich fühlt sich seitdem eigentlich alles ganz normal an. Pura Vida eben!
(An dieser Stelle muss ich vielleicht für die Nicht-Eingeweihten ein wenig erklären: Als ich im Herbst 2006 für zwei Monate Praktikant an der deutschen Botschaft in San José war, habe ich Costa Rica ausführlich kennen und lieben gelernt. Auch damals wohnte ich bei Marvin, einem costaricanischen Mitarbeiter der Botschaft, und hatte so besten Zugang zum täglichen Leben der Ticos. Als "Ticos" bezeichnen sich die Menschen hier selbst, und auch "costaricanisch" heißt einfach nur "tico". Diese lockere Ausdrucksform mag sicher ein Teil der hier allgegenwärtigen "Pura Vida" - dem puren Leben - sein, die als immer passende Gesprächsfloskel wie auch als Gefühl die Besondeheit des kleinen mittelamerikanischen Landes ausmacht.)
Bei Marvin angekommen, erwartete uns erst einmal ein traumhaftes Frühstück: lokaler Kaffee und eine Komposition frischen Obstsalats. Ja, es gab endlich wieder frisches Obst, saftig, süß und köstlich wie es uns schon vorher lieb und teuer geworden ist! (Und ich spreche hier nicht nur von den Exportschlagern Ananas und Banane, sondern von all dem, was wir in unseren bisherigen Blogs beschrieben haben - inklusive Sauersack, der hier Guanabana heißt!) Trotz dieser Geschmacksexplosion, des wohl weltbesten Kaffees und natürlich meiner riesigen Wiedersehnsfreude war es um uns schnell geschehen, als Marvin und seine momentanen Mitbewohner zur Arbeit gingen. Wir schliefen für Stunden; die Tage zuvor zollten nun doch ihren Tribut. Für viel mehr waren wir am Tag tatsächlich nicht zu gebrauchen, doch ließen wir den Abend immerhin mit Marvin und seinem Freund und Nachbarn Paolo in meinem Lieblingslokal, dem Café Mundo, ausklingen. Wer immer einmal nach San José kommt, sollte hier jedenfalls einmal einkehren! Hier gibt es nicht nur phantastische Tico-Kost (die Patacones - reibekuchenähnlich zubereitete Kochbananen - sind herrlich zum Feierabendbier) und einen Schokoladenkuchen auf Weltniveau, sondern auch das gemütliche Ambiente eines pfiffig ausgestalteten alten Kolonialhauses nebst illust-gemischtem Publikum. Eine echte Bereicherung für die ansonsten nicht gerade von Schönheit strotzende Stadt.
Der nächste Tag - der erste mit Aktivität im engeren Sinne - diente zur weiteren Akklimatisierung. Für Nina hieß das: San José kennen lernen. Für mich hieß das: In vertrauer Umgebung spazieren gehen. In jedem Fall kann man festhalten: Die Stadt erfüllt ihren Zweck; es wuselt an allen Ecken von Menschen, die kaufen, verkaufen oder Bus fahren möchten, der chaotische Verkehr ist das einzig Anarchische in diesem sonst geordneten Land (mit einer älteren durchgehenden Demokratie als der deutschen) und funktioniert trotzdem und trotz aller Architektursünden gibt es fast alle Annehmlichkeiten, die es auch in deutschen Großstädten zu finden gibt. Alles in allem: Es hat sich nichts, aber auch gar nichts verändert.
Sogar die abendlichen Aktivitäten versetzten mich teilweise in meine Praktikantenzeit zurück, denn einmal durften wir an einem Empfang der Botschaft teilnehmen, auf dem man die gesellschaftsübliche Gelegenheit zum gedanklichen Austausch hatte. Leider wurde vor vielen Gedanken inzwischen turnusgemäß fast das gesamte deutsche Personal der Botschaft ausgetauscht, sodass ich leider auf wenig bekannte Gesichter traf. Dafür konnten Nina und ich die aktuellen Referendare und Praltikanten - zugleich unsere Mitbewohner bei Marvin - etwas näher kennenlernen.
Das nähere Kennenlernen setzte sich in den nächsten Tagen in Bezug auf das Land fort. Unserer bisherigen Reiseprämisse - möglichst viel zu sehen - entsprchend, machten wir den Rest der Woche das Umland unsicher. (Klein-)Stadtleben in den Nachbarorten Heredia und Cartago (das nicht von den Römern zerstörte) wie auch vulkanische Aktivität im umliegenden Gebirge auf dem Berg Irazú faszinierten Nina und riefen in mir alte Erinnerungen hervor. Besonders der Vulkan Irazú mit seinen fast 3.500 Metern Höhe hatte es uns angetan, denn man hatte nicht nur einen wunderbaren Ausblick auf die dicht besiedelte Hochebene (dort liegt auch San José auf gut 1.000 Metern Höhe), sondern es ließ sich auch der benachbarte Vulkan Turrialba bestaunen, der gemülich vor sich her qualmte. Zum Glück ist man hier schon länger von Eskapaden wie dem momentan Europa in Schach haltenden isländischen Vulkan verschont geblieben, obwohl Costa Rica insgesamt von einer durchaus aktiven Vulkankette durchzogen ist. Wir drücken die Daumen, dass es auch so bleibt.
Darüber hinaus genossen wir neben der vulkanischen auch einen Teil der ökologischen Aktivität dieses unglaublich vielseitigen Landes. (90 Prozent des Territoriums sind geschützt, um die unzähligen Tier- und Pflanzenarten in den zahlreichen Mikrokosmen und Klimazonen zu erhalten.) Brüllaffen, Kaimane, Faultiere, Pfeilgiftfrösche und Schwärme des Nationalvogels Tucan sind nur einige der vielen Tiere, die wir bislang zu Gesicht bekamen - von den allgegenwärtigen Schmetterlingen ganz zu schweigen. Die Artenvielvalt setzt sich auch in der Flora fort, Regen- und Nebelwälder dominieren die Landschaften. Durch einen Teil des Regenwaldes fuhren wir sogar mit einer Seilbahn, um die Altivitäten auch in den Baumkronen besichtigen zu können. Dieses äußerst komplexe System aus den unterschiedlichsten Tier- und Pflanzensymbiosen, die zum individuellen Überleben unerlässlich sind, angemessen zu beschreiben bin ich leider außer Stande. Wir können aber versichern, dass unsere Faszination dafür noch lange nicht ausgeschöpft ist.
Nach all diesen - einmal mehr - intensiven Erlebnissen ließen wir es dieses Wochenende lieber einmal etwas ruhiger angehen. Am Samstag ließen wir uns durch die farbenfrohe Vielfalt eines lokalen Bauernmarktes treiben, auf dem wir natürlich - wie schon so häufig - Unmengen an frischem Obst und Gemüse kauften. (Davon übefressen wir uns hier regelmäßig, ohne dass wir je davon genug bekommen könnten.) Abends kochten wir zusammen mit Marvin typisch tico, das heißt vor allem Hähnchen mit zahlreichen Beilagen, einschließlich selbstgemachter Tortillas, Guacamole und Bohnenmus. Ein Fest für die Sinne, aber eine Härteprobe für den überfüllten Magen! Den heutigen Tag schließlich verbrachten wir bei Marvins Großfamilie auf dem Land inmitten riesiger Kaffeefelder. Sogar eine Kaffeeplantage konnten wir besuchen, um dort die vielen Produktionsschritte bishin zu dem uns bekannten braunen Pulver kennenzulernen. Das war besonders deshalb interessant, weil uns beiden hier der Kaffee um ein Vielfaches besser schmeckt als zu Hause und wir daher mehr über seine Herkunft wissen wollten. Hier herrschen einfach perfekte Bedingungen.
Perfekte Bedingungen bietet uns auch unser Domizil bei Marvin, wie man sicher herauslesen kann. Die nächste Woche wird daher sicher nicht weniger spannend und angenehm, wir haben noch einiges geplant. Davon berichten wir dann ein anderes Mal. Bis dahin!

Montag, 19. April 2010

The American Way in a Nutshell

Wie es sich in unserem letzten Blogeintrag schon andeutete, versprach unser verhältnismäßig kurzer Aufenthalt im Westen der USA besonders kontrastreich zur südpazifischen Beschaulichkeit zu werden. Jetzt, da wir zum Stopover am Flughafen von Denver auf unseren Anschlussflug nach Costa Rica warten, ist klar: Es wurde alles noch viel krasser als wir uns vorstellen konnten!
Schon die erste Orientierung in Los Angeles fiel uns alles Andere als leicht, weil die Stadt noch viel größer und weitläufiger ist als wir zu ahnen wagten. Erschien uns unser liebreizendes Hostel im alternativ-schrulligen Strandort Venice Beach in Deutschland noch als guter Ausgangspunkt für Expeditionen, mussten wir uns vor Ort einen eindeutigen Standortnachteil eingestehen, denn es liegt in der Autofahrerstadt L.A. alles viel weiter entfernt als in den uns bislang bekannten amerikanischen Metropolen. Vergleichbar ist der Ballungsraum viel mehr mit dem Ruhrgebiet, nur dass man hier von einer einzigen Stadt spricht. (Im Übrigen hat das Ruhrgebiet die eindeutig bessere Verkehrsinfrastruktur; die L.A.-Busse sind unzuverlässiger als KVB und Deutsche Bahn an ihren schlechtesten Tagen.)
Den unlängst erwähnten Nachteil münzten wir allerdings schnell per Perspektivwechsel in einen Erlebnisvorteil um, denn nun waren wir zum einen zu einem noch intensiveren Sightseeingprogramm gezwungen und zum anderen in der angenehmen Lage, zugleich die Strandlage von Venice und Santa Monica mit ihrem illustren Publikum und Baywatch-Kulisse zu erleben. Abgesehen von Downtown L.A. konnten wir dank nun ausgereifter Hop-on-Hop-off-Bus-Erfahrung tatsächlich die Highlights einer ansonsten oft uninspirierten Metropole aufsaugen. Besonders Hollywood und Beverly Hills, das Zentrum der Superreichen und manchmal auch Schönen, hatte durchaus seine Vorzüge. Der American Dream wurde hier an jeder Ecke neu verwirklicht, und kaum ein Amerikaner lässt einen Besucher über seinen Stolz auf diesen American Way im Unklaren. Wir nahmen indes auf unsere eigene Art daran Teil, vor allem in Form von Konsum örtlicher Spezialitäten wie Hamburger und Hotdogs. Habe ich schon erwähnt, wie sehr ich die frischen Papayas vermisse?
Um die ganze Junk-, Kitsch und Glamourerfahrung auf die Spitze zu treiben (und weil das Kind in uns stetig danach verlangte), besuchten wir, als wir endlich typisch amerikanisch (dank umgebuchtem Upgrade) ein übergroßes Auto zur Verfügung hatten, den bis dahin unerklommenen Gipfel der Künstlichket: Disneyland! Die zugegebenermaßen perfekte Inszenierung des allseits bekannten Disneyflairs ließ uns für einen Tag tatsächlich ganz aus der realen Welt entfliehen. Die Fahrgeschäfte können es zwar nicht mit jenen im Phantasialand aufnehmen, dafür konnte unser Erlebnis fast amerikanischer kaum sein. Bei genauerem Nachdenken erreichte die ganze überbunte und übermäßig ausgestaltete Darstellung oftmals die Schwelle vom Skurrilen zum Unerträglichen - besonders wenn man die pausenlose Beschallung mit Cartoonhintergrundmusik mit einbezieht. Für einen Tag war es mit einer gewissen Ironie im Hinterkopf aber die ganze Sache allemal wert, wir haben und prächtig amüsiert!
Der nächste Tag war dann zur Abwechslung als Roadtrip geplant. Wir wollten durch das bedrohliche Death Valley in Richtung Las Vegas fahren. Auf Grund eines überlangen Shopping-Zwischenstopps (auch sehr amerikanisch) und widrigen Verkehrsverhältnissen konnten wir unsere Route allerdings nicht einhalten und mussten einmal mehr improvisieren. Die Fahrt durch die Wüste Kaliforniens und Nevadas war ohnehin schon beeindruckend genug - soweit das Auge reicht nur braune Ödnis mit kargem Buschwerk und einzelnen Kakteen und mittendrin ein vielbefahrener sechsspuriger Highway. Daher machte es uns wenig aus, in einem Ort zu nächtigen, der auch eine prima Kulisse für einen mittelprächtigen B-Movie abgegeben hätte. Primm, Nevada, besteht nur aus Kasinos, Fastfoodläden einer heruntergekommenen Shoppingmall und vielleicht einmal durchschnittlich gewesenen Glücksspielhotels. Genau dieser Ort schien uns geeignet, das andere, vollkommen unglamouröse Amerika kennenzulernen. Und das ist uns wahrlich gelungen, obwohl das Hotel mit dem klangvollenen Namen "Whiskey Pete's" trotz des Geklimpers hunderter einarmiger Banditen besser ausgestattet war als sein leicht schäbiges, von surrender, halb funktionierender Neonreklame dominiertes Äußeres vermuten ließ. Ein paar Bier von der Tankstelle und - natürlich - Junkfood bereiteten uns eine durchaus angenehme Nacht.
Dieser belanglose Abklatsch von Las Vegas bereitete uns indes schon auf den nächsten Tag in der wohl größten Spielermetropole der Welt vor. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten komprimiert sich wahrscheinlich an keinem anderen Ort derart schrill und elektrisierend wie in Las Vegas! Die Reizüberflutung, der wir zu keinem Zeitpunkt entkommen konnten, war schier unbeschreiblich. Obwohl wir uns "nur" auf dem sog. "Strip" -d.h. Las Begas Boulevard - aufhielten, verging keine Minute mit einer anderen Kuriosität, einem skurrilen Moment, einem unwirklichen Erlebnis. Die absurd-intensiv illuminierte, in allen Formen und Farben inszenierte Kulisse verschlug uns die Sprache. Der Eiffelturm steht gegenüber von New York, einen Block weiter befindet sich Ägypten, nur getrennt von einem vieltürmigen Märchenschloss. Noch Fragen? Das alles (und dieser Auszug ist nur ein kleiner Teil des Strips) verbiegt riesige Hotelkomplexe mit noch gigantischeren Kasinos und Showrooms. Die Entertainment-Dichte ist vielleicht an keinem Ort der Welt so groß wie in der ständig überbelebten Wüstenstadt. Das ist in der Tat Disneyland für Erwachsene; manchmal fühlten wir uns wirklich überraschend ähnlich entgeistert angesichts des grotesk-überproportionierten Ganzen. Gleichzeitig nahmen wir diese gigantische Vergnügungswelt aber gerne an; hier ein Spielchen am einarmigen Banditen, da ein Ein-Dollar-Drink (allseits vorhanden, um die Zocker noch gefügiger zu machen) und immer die Augen auf für eine weitere Kuriosität. Das nächste volltrunkene frischvermählte Hochzeitspaar kann plötzlich um die Ecke biegen... Mit der nötigen Besonnenheit hat man hier auch nachhaltig Spaß. Wir haben weder geheiratet, noch ein Vermögen verspielt, dafür hatten wir den ultimativen Thrill auf der mörderischsten Achterbahn, die wir bislang zu besteigen gewagt hatten. In "New York" jagte man uns durch Loopings und Abgründe durch die bunte glitzernde Nacht der Stadt, das war der Kick des Abends! Wahnsinn! Als netten Nebeneffekt hatten wir uns den Fahrpreis zuvor unten dem waghalsigen Einsatz von zwei Dollar an der Slot Machine erspielt - that's Vegas!
Bei so viel Aufregung entging uns gänzlich, dass wir uns bis weit nach Mitternacht auf dem Strip aufhielten, die Zeit verging wie im Fluge. Geplante Besuche von Shows und einem netten Dinner erfüllten sich daher nicht, aber was soll's. Der Fun Factor war immens und amerikanischer konnten wir unseren Trip wohl kaum ausgestalten. Jetzt ist es aber auch mal wieder genug. Ab Morgen warten in Costa Rica wieder frische Früchte und Natur auf uns. Auch das ist eine gute Nachricht. Wir freuen uns!

Mittwoch, 14. April 2010

Zeitreise, Fa'a Samoa und der Sauersack von Frau Hader

Kaum haben wir zuletzt unseren Beitrag ueber Fidschi veroeffentlicht, schon haben wir nunmehr bereits den Suedpazifik insgesamt verlassen und weilen gerade mitten im groesstmoeglichen Kontrast - der Megametropole Los Angeles. Direkt hier im Hostelzimmer steht ungewohnlicherweise ein Museumsreifer PC mit Internetzugang, dessen ich mich jetzt bediene, um die vergangenen Tage revue passieren zu lassen.
Samoa liegt nur 1.200 km nordwestlich von Fidschi und ist damit fuer dortige Verhaeltnisse nur einen Katzensprung entfernt. Kuerzer als unsere Anreise von Melanesien nach Polynesien konnte ein Weg jedoch selten sein, denn als wir Samoa erreichten, waren wir tatsaechlich im Gestern angekommen. Damit moechten wir allerdings ganz und gar nicht behaupten, dass Samoa gegenueber seinem verhaeltnismaessig grossen Nachbarn rueckstaendig sei, auch wenn dort alles gleich mehrere Nummern kleiner zugeht. (Auf den beiden nennenswerten Inseln 'Upolu und Savai'i gibt es insgesamt nur eine Stadt, naemlich die Hauptstadt Apia - "the town" mit ca. 35.000 Einwohnern. Der Rest ist tropischer Natur und einigen Doerfern vorbehalten.) Nein, die Reise ins Gestern ist vielmehr wortlich zu nehmen, denn wir starteten von Nadi am letzten Freitag und kamen in Samoa am Donnerstag an - die internationale Datumsgrenze macht es moeglich! Wir sassen einfach im Flugzeug und ploetzlich war wieder gestern, ohne dass wir es auch nur bemerkten. Jedem, der in seinem Leben noch keine Zeitreise gemacht haben sollte, sei aber versichert, dass dies alles ganz unspeltakular ablaeuft. Aufregend ist es dennoch, die kleinen Kuriositaeten des Reisens hoechstpersoenlich zu erfahren.
Schon als wir abends in Samoa landeten, war allueberall die Gelassenheit der Leute zu spueren, aehnlich wie dies in Fidschi der Fall war. Oberflaechlich betrachtet kann man sowieso schnell dazu verleitet werden zu behaupten, dass Fidschi und Samoa im Grunde genommen kaum voneinander verschieden seien. Wer aber noch bei der Abreise bei einem solchen Urteil bleibt, hat das Land bestimmt nicht genauer kennengelernt. Zwar lassen es Fidschianer wie Samoaner gerne etwas ruhiger angehen, so wie es die suedpazifische Gelassenheit wohl insgesamt mit sich bringt. Doch haben beide Nationen - ganz abgesehen vom sehr verschiedenen Aussehen ihrer Bewohner - ihre ganz besonderen Eigenheiten. In Samoa fasst man solche unter "Fa'a Samoa" zusammen, die samoanische Art zu leben. Dies mag in Teilen, sicher nicht aber im Kern dem fidschianischen "vaka malua" entsprechen, denn "Fa'a Samoa" umfasst stets auch das Bewusstsein einer stolzen nationalen Identitaet. Die Familie steht ueber allem und ist im grossen samoanischen Gemeinwesen verankert. So wirken die Samoaner oft etwas eigener als wir es von der mitunter miltikulturellen Gesellschaft in Fidschi kennenlernen durften. Die Fidschianer bleiben dabei fuer mich der freundlichste und offenste Menschenschlag, dem ich je begegnet bin; die Samoaner wirken teilweise ein wenig verschlossener. Hat man aber einmal den Zugang zu ihnen gefunden, dann kann man sich einem gewissen Teil des "Fa'a Samoa" kaum mehr entziehen. Ein gutes Beispiel gibt die Familie ab, in deren Pension wir gelebt haben: Ohne wenn und aber hatte sie uns und auch ihre Angestellten wie selbstverstaendlich zum allsonntaeglichen Festschmaus eingeladen, wie dies regelmaessig passiert. Das Essen aus dem Erdofen - "umu" genannt - gehoert zu den festen Familienritualen und bezieht auch die Menschen um sich herum ein. Ganz nebenbei war es dazu noch ausgesprochen koestlich! Auch hier unterscheiden sich uebrigens fischianische und samoanische Kultur im Detail; obwohl beide Nationen gerne aus dem Erdofen essen, ist der fidschianische ("lovo") in seiner Funktion anders, naemlich wieder mal "vaka malua". Dort gart das Essen ueber Stunden bei schonender Hitze, waehrend der samoanische "umu" bei grosser Hitze mit gut einer Stunde auskommt. So ist das "lovo"-Essen trotz grundsaetzlich gleicher Zutaten wesentlich zarter zu geniessen, waehrend das "umu"-Pendant mit dem kraeftigeren und wuerzigeren Geschmack aufwarten kann. Mir laueft schon wieder das Wasser im Munde zusammen...
Der kulinarische Hochgenuss blieb selbstredend nicht auf das aussergewoehnliche Festtagsessen beschraenkt, sondern umfasste vielmehr natuerlich ebenso die alltaeglichen Obstfreuden. Auch wenn wir uns an die frischen exotischen Fruechte zuvor schon recht gut gewoehnt hatten, waren sie immer wieder aufs Neue ein wahrer Hochgenuss. Unter zwei Papayas konnten wir keinen Tag durchstehen, und schon jetzt, wenige Stunden nach unserer Abreise aus Samoa, vermissen wir die zuckersuessen Gaumenfreuden der tropischen Natur. Der Markt in Apia war eine stetige und unerschoepfliche Fundgrube fuer die leckersten lokalen Produkte - sei es mit fast schon abartig suessem und aromatischem Obst, frischen, fettig gebratenen Wurzelsnacks (nicht so unser Fall) oder dem unvergleichlichen "koko Samoa", dem lokalen unbitteren Kakao, der wie Kaffe wirkt und getrunken wird. Der groesste Fang gelang uns aber wieder einmal im Fruchtbereich, denn es fiel uns etwas ins Auge, das wie eine etwas zerknautschte Durian (die in Singapur zugleich geliebte und geschasste Stinkfrucht) aussah. Auf dieses Kuriosum angesprochen entgegnete die Marktfrau, dass es sich um einen Sauersack ("sour sop") handele, also keineswegs ein stinkendes Etwas zu befuerchten sei, obwohl das Aeussere des gruenen stacheligen Klumpens nichts Gutes erahnen liess. Beim Stichwort "sour sop" oeffnete sich aber bei mir sofort das Herz und schnell auch die Gier auf die Frucht, denn ich fuehlte mich postwendend an ein nun auch schon vier Jahre zurueckliegendes Geschmackserlebnis aus den Philippinen erinnert, das just auf dieses haessliche Obst-Etwas zurueckzufuehren war. Denn der Sauersack, dessen Aussehen und Name in keinem Verhaeltnis zu seinem fabuloesen Geschmack stehen, ist der unerkannte Koenig unter den Fruechten. Hat man ihn einmal probiert, wird das haessliche Entlein schnell zum stolzen Schwan. Eine unnachahmliche Komposition aus Ananas, Litschi und einem Hauch von Pfirsich machen den cremig-anregenden Geschmack des Sauersacks aus; und es ist wahrlich nicht leicht, so etwas zu finden. Was fuer ein Glueck wir hatten!
Doch damit nicht genug; die Sauersackverkauferin entpuppte sich als ausgesprochen kommunikativ und wollte mehr ueber ihre neu gewonnenen Kunden erfahren. Als die Antwort auf ihre Frage unserer Herkunft "Germany" lautete, blitzten ihre Augen auf und sie versicherte uns stolz, dass auch sie einen deutschen Hintergrund habe. Auch wenn sie bis auf ihre recht helle Hautfarbe nicht danach aussah, so versicherte sie uns doch, dass ein Teil ihrer Familie aus Deutschland stamme und sich in der Kolonialzeit auf Samoa niedergelassen habe. Ihr Name sei Hader, berichtete sie stolz weiter. Dieses kleine Intermezzo mit der Sauersackverkaeuferin Frau Hader passt ganz gut in das Gesmatbild der Samoaner von Deutschland. Denn Obwohl die Inseln nur zwischen 1900 und 1914 eine Kolonie des damaligen Kaiserreichs waren, ist doch einiges aus jener Zeit bis heute dort verblieben. Deutsche Namen sind sowieso keine Seltenheit (z.B. heisst der Betreiber der einzigen amerikanischen Burgerbraterei Hans J. Keil), ebenso ist man hier auf die Strasseninfrastruktur und auch das Grundbuchamt (ja, das gibt es wirklich!) stolz, was ohne die Deutschen in dieser Form wohl nicht existieren wuerde. Auch fuehrten uns unsere neugierigen Recherchen nach deutschen Ueberbleibseln immer wieder zu Gedenkstaetten mit deutschen Inschriften, die weiterhin mit Hingabe gepflegt werden. Sogar das Polizeiorchester von Apia marschiert jeden Wochentag zu deutscher Marschmusik durch die Strassen - ein sehr kusioses Bild! Man kann sogar sagen, dass wir auch in dieser Hinsicht gelegntlich eine kleine Zeitreise unternommen haben, die uns ins historische Samoa zurueckfuehrte. Mehr Zeitreise geht eigentlich gar nicht, eine Zeitmaschine wuerde der Menschheit auch keine groesseren Erkenntnisse liefern.
Ungeachtet dessen moechten wir aber trotz all dieser interessanten Details nicht verschweigen, wie wunderschoen das Land Samoa als solches ist. Tropische Regenwaelder, fruchtbare Berglandschaften mit mejestaetischen Wasserfaellen (teilweise 100 Meter tief!) und weisse Sandstraende an tuerkisblauem Wasser erzeugen eine abwechslungsreiche Postkartenidylle, deren farbintensiven, kontrastreichen Zauber angemessen zu beschreiben uns die Worte fehlen. Allein der Blick von unserer Pension am Berg auf das Tiefland um Apia und den allgegenwaertigem Ozean, der von einer mit stetigem Meeresrauschen und wechselndem Vogelgezwitscher laut untermalten Stille begleitet wird, war die Einreise in dieses herrliche Land wert! Die Lebensqualitaet, die wir erfahren durften, als wir bei einer heissen Tasse koko Samoa begleitet von einer frischen uebersuessen Banane auf das Tal schauten und nichts als den launigen Lauten der Natur lauschten, ist schlicht nicht in Worte zu fassen. Wir werden uns noch lange und immer wieder gerne an solch erhabene Momente erinnern.
Diese Momentaufnahmen bestaetigte unsere kleine Inselrundfahrt an unserem letzten Tag, als wir leider erst recht spaet die Gelegenheit hatten, auch andere Teile von 'Upolu kennenzulernen. (Fuer Savai'i blieb leider gar keine Zeit.) Fuer einige Taler (eigentlich heisst die Waehrung Tala, aber wir spekulieren, dass auch dies auf die guten alten deutschen Taler zurueckzufuhren ist) mieteten wir uns ein Taxi an, das uns durch den Sueden und Osten der Hauptinsel fuehren sollte. Das tat es auch, obwohl die Fuehrung eher uns oblag. Denn wir heuerten, ohne es zu wissen, den wahrscheinlich intelektuell am wenigsten fortgeschrittenen Bewohner der ganzen Insel als Fahrer an, der trotz seiner Herkunft aus Amerikanisch-Samoa (immerhin ein US-Territorium) kaum englisch sprechen und verstehen konnte, des Kartenlesens offenbar nicht maechtig und selbst mit Haenden und Fuessen nur schwer von unseren Absichten in Kenntnis zu setzen war. So duerfen wir heute zumindest behaupten, Samoa tatsaechlich auf eigene Faust entdeckt zu haben, denn der Fahrer war eher Last denn Hilfe auf unseren Wegen durch unbekanntes Terrain. Ebenen solches stand aber unseren Eindruecken und bisherigen Beschreibungen in nichts nach, denn bereits erwaehnte spektakulaere Landschaften durchzogen von den aberwitzigsten Gruentoenen, majestaetischen Wasserfaellen und dem Spektakel von weissem Sand und kristallgleichem Wasser setzten sich unentwegt fort.
Leider riss ploetzlich die Erinnerung an die zerstoererische Allmacht der Natur eine klaffende Wunde mitten in dieses Idyll. Denn moegen auch die gesamten Schoenheiten dieses Landes der Natur geschuldet sein, so ist es immer noch sie selbst, die bestimmt, was mit all dem geschehen mag. Die Auswirkungen des letztjaehrigen (in heimatlichen Medien wenig beachteten) Tsunamis waren im Sueden von 'Upolu noch allgegenwaertig. Zerstoreung ersetzte die gewohnten Bilder bescheidener, aber stolz errichteter "fale" (traditionelle Holzhaueser), vor dem Traumstrand lagen ploetzlich bis auf das Fundament eingestuerzte Ruinen mit direkt davor errichteten offensichtlich frischen Graebern. (In Smoa werden die Toten traditionell ganz nah an ihrem zu Hause begraben.) Mehr Beweis benoetigt man nicht um sicher zu sein, dass der Mensch die Welt, in der er lebt, niemals wird beherrschen koennen; stattdessen sollte er alles dafuer tun, sie nicht weiter zu veletzen, um nicht selbst am Ende das Opfer zu sein. Hier waren die Opfer sogar "nur" diejenigen, die nicht einmal einen Eingriff vorgenommen haben. Aber was wird noch kommen? (Uebrigens war auch der staendig steigende Meeresspiegel schon in Fidschi deutlich sichtbar und sollte jeden Besucher alarmieren, nicht gegen, sondern fuer seine Umwelt zu handeln.) Trotz all der Zerstoerung und all dem Leid war es fuer uns umso troestliocher zu sehen, mit welchem Lebensmut, welcher Zuversicht und welcher Freude die Bewohner der betroffenen Gebiete schon jetzt wieder mit ihrer taeglichen Arbeit - neben dem Woederaufbau - beschaeftigt waren. Das verdient nicht nur hoechste Anerkennung, sondern zeigt auch, wie fruchtbar der Zusammenhalt der Bevoelkerung - auch als Ausdruck des Fa'a Samoa - funktioniert. Spaetestens jetzt war uns klar, dass diese besondere Natur auch mit besonderen Menschen gesegnet ist. Versoehnlich, wenn auch immer noch schockiert ob der zerstoererischen Eindruecke, kehrten wir schliesslich zu unserer Traumpension zurueck.
Leider mussten wir wenig spaeter das Land schon wieder verlassen, obwohl es einen laengeren Besuch mehr als verdient gehabt haette. Aber so geht es ja schon die meiste Zeit unserer Weltreise - die Zeit ist oft nicht auf unserer Seite. Dennoch ist der Fundus des Erlebten, welchen wir nicht mehr wieder hergeben werden, so hoch, dass wir keine Minute auf Samoa bereuen. Wie koennten wir auch! Zugleich sind wir gespannt, was uns das Kontrastprogramm im keineswegs beschaulichen Los Angeles ab morgen zu bieten hat. Bis dahin vorerst: Gute Nacht!

Donnerstag, 8. April 2010

Fidschi: vaka malua in einer (un)bekannten Welt

Die letzten Stunden unseres lang ersehnten Südseetraums in Fidschi sind nun angebrochen, doch erst jetzt haben wir erst richtig die Gelegenheit, hiervon auch zu berichten. Nicht, dass es uns an Zeit gefehlt hätte; allein sind die uns oft als selbstverständlich anmutenden Annehmlichkeiten wie Internet oder auch bloß Strom hier nicht allgegenwärtig. Daher melden wir uns, wie beim letzten Mal, einmal mehr vom Flughafen in Nadi. Das bringt immerhin auch etwas Rundes, Wohlgeordnetes in unsere Berichterstattung.
Das ist übrigens ziemlich unfidschianisch, denn hier werden die Dinge gerne genommen wie sie kommen - wenn überhaupt. Dazu ein kleines Beispiel hier vom Flughafen, von kurz vor unserem Abflug nach Kadavu. In Fidschi wurde die Nacht zuvor von Sommer- auf Winterzeit umgestellt, ergo eine Stunde zurück. Das schien aber bei weitem nicht jeder mitbekommen zu haben, inklusive der elektronischen Anzeigetafeln am Flughafen - immerhin das Drehkreuz im Südpazifik. Die Uhren taten also was sie wollten, und niemand störte sich daran. Warum auch, denn unser auf 12:40 Uhr terminierte Inlandsflug sollte nach Angaben verschiedener Offizieller am Check-in je nach dem "at eleven", "in time" oder "yes, 12:40, but be prepared to leave at twelve" abfliegen. Und nie wusste man, ob die ehemalige oder die gerade umgestellte Zeit gemeint war. Nun ja, abgeflogen sind wir dann ganz mach "Fiji Time" um 13 Uhr.
Diese kleine Anekdote aus einem großen Ganzen von ganz und gar stressfreier Lebenseinstellung lässt sich auf fidschianisch am besten mit "vaka malua" - "ganz langsam" - ausdrücken. Und ebenso war auch unser Leben auf unserer kleinen Gastinsel Galoa. Herrlich entspannend! Dagegen kam uns Suva, die Hauptstadt, die wir vorgestern und gestern besuchten, surreal groß und geschäftig vor. Zu Hause würden wir über einen Ort, der eher einer Kleinstadt ähnelt (obwohl er das größte Ballungsgebiet zwischen Neuseeland und dem amerikanischen Kontinent ist) kaum ein Wort verlieren. Hier erzeugt Suva aber einen krassen Kontrast.
Zurück nach Galoa, dem wahren Fidschi voller Ursprünglichkeit und Herzlichkeit: Elf Tage verbrachten wir auf diesem schönen Fleckchen Erde weitab von jeder sogenannten Zivilisation bei den Familien von meinen Freunden Bai und seinem Sohn Walter. Hier nun divergieren die Eindrücke von Nina und mir zum ersten Mal richtig deutlich. Denn während ich inzwischen das vierte Mal auf Galoa war und es gewissermaßen mein zweites zu Hause abseits von zu Hause ist, betrat Nina absolutes Neuland. Das gelebte vaka malua wirklich zu spüren war für sie so aufregend neu wie für mich das Normalste der Welt. Dabei ist es auch für mich immer wieder faszinierend, wie sehr man doch in den Tag hineinleben kann und am Ende doch das Gefühl hat, sich erholen zu müssen. Eine europäische Perspektive sollte hierbei lieber gmieden werden, um nicht zu verzweifeln. Wir verzweifelten auch nicht, sondern genossen stattdessen das Leben so wie es auch die Fidschianer taten. Egal ob Fischen, Schnorcheln oder einfach nur Leute treffen, Hauptsache immer schön vaka malua und vortrefflich gut gelaunt.
Abends wartet schließlich zur Belohnung für den anstrengenden Tag die wohlverdiente Schüssel Kava, das Nationalgetränk auf allen Inseln. Allen, denen es von mir noch nicht bekannt gemacht wurde, sei kurz klargestellt: Kava ist kein Alkohol, sondern eine lokale Pfefferwurzel, die getrocknet und dann zerstampft in Wasser aufgeschwemmt wird, um schließlich in gesellig-zeremonieller Runde getrunken zu werden. Über den Geschmack lässt sich streiten, doch entspannt es ungemein und berauscht bei starkem Konsum sogar ein wenig. (Das ist allerdings gleichermaßen harmlos wie auch legal.) Kurz: mit Kava wird alles noch etwas mehr vaka malua...
Das alles muss man sicher selbst erlebt haben, um es wirklich in den sich darstellenden Dimensionen erfassen zu können. Häufig konnte ich allein schon an Ninas Augen erkennen, wie faszinierend dies alles für sie war. Man kann sich aber zugleich, wie ich, recht schnell daran gewöhnen. Hoffentlich finde ich bis zu unserer Rückkehr nach Deutschland wieder zu einem Mindestmaß an den dort gefragten Tugenden zurück...
Neues gab es aber auch für mich zu entdecken. Denn erstmalig war ich nicht im fidschianischen Winter, sondern im Herbst auf der Insel. Das bedeutet, dass es neben den Alljahresdauerbrennern wie Banane und Papaya noch einige andere Früchte zu genießen gibt wie Orangen, Mandarinen und die unbeschreiblich leckeren Mangos. Auch Brotfrucht als Alternative zu Kartoffeln und anderem Wurzelgemüse macht sich wirklich gut. Wie mag es hier bloß erst im Sommer aussehen?
Das kaum zu übertreffende Obst war aber noch nicht alles an neuen Erfahrungen, denn waren just über die Osterfeiertage auf Galoa. Im Vorfeld waren wir extrem gespannt, wie ein solches Fest in einem so christlichen Land wie Fidschi begangen wird. Die Antwort - und ich bin mir nicht sicher, ob ich darüber überrascht sein sollte - lautet: vaka malua. Sonntags waren wir zwar in der Kirche, aber das gehört eh zu jedem fidschianischen Sonntag. Karfreitag geschah dagegen nicht viel, insgesamt freute man sich nur über ein paar freie Tage. (Die Frage "Wovon?" sollte man lieber für sich behalten.) Eine ungewollte, dafür aber für uns umso witzigere Anekdote bot die zweistündige Ostermesse immehin doch: Unter den stimmgewaltigen Kirchenliedern erklang plötzlich auch ein vollmundiges "sa tucake" ("er ist auferstanden") - auf die Melodie der deutschen Nationalhymne. Außer uns Deutschen war dies aber niemandem bewusst, aber wir hatten unseren Spaß und konnten diese uns bislang unbekannten Strophen des Deutschlandliedes schnell mitsingen. Fast entging uns vor lauter Vergnügen, dass das nächste Lied auf die Melodie eines uns bekannten Weihnachtsliedes gesungen wurde. Hier ist halt alles irgendwie etwas anders.
Es ist wrklich schade, dass wir diese wunderbare Welt nun wieder verlassen müssen. Wir werden unsere Freunde vermissen. Weniger vermissen werden wir dagegen die penetranten Moskitos, die deutlich zahlreicher sind als im Winter. Nina wurde von ihnen besonders gemocht. Ich frage mich wirklich, wie diese niederen Kreaturen einen solch feinsinnigen Geschmack zu entwickeln vermögen. Wir wünschen ihnen jedenfalls als einzigen Teil von Fidschi nichts Gutes und hoffen, bald weniger geplagt zu werden. Vielleicht sieht es (nicht nur?) diesbezüglich in Samoa etwas anders aus. Unser Flug startet gleich (jedenfalls früher oder später, vaka malua), wir werden sehen und berichten. Bis dahin: Moce, sota tale!

Freitag, 26. März 2010

Neuseeland: Pannen mit Happy End auf der Nordinsel

Unsere letzten Stunden in Neuseeland waren angebrochen und die gute Nachricht ist: Wir haben alles schadlos überstanden! :-) Fidschi kann kommen, wir freuen uns schon sehr darauf! Doch bis dahin wurde uns doch wider Erwarten der ein oder andere Stein in den Weg gelegt.
Es kam eigentlich wie es kommen musste. Im letzten Blogeintrag lobten wir wahrscheinlich unseren recht betagten Campervan etwas zu früh über den grünen Klee; man soll halt das Bärenfell (oder hier würde man wohl sagen: das Schaffell) nicht aufteilen, bevor die Beute erlegt ist. In unserem Fall erlegte sich die Beute bei Kilometerstand 491.000+ unfreiwillig von selbst, was sie gerade hätte tunlichst bleiben lassen sollen. Kaum legte unsere Fähre nämlich in Wellington an, fuhren alle Fahrzeuge von der Rampe in die Stadt hinein. Nur ein kleiner japanischer Campervan leistete der Generalverpflichtung beharrlich Widerstand, indem er sich weigerte, den Motor zu starten. So verursachten wir ganz nebenbei ein kleines Verkehrschaos auf der betriebsamen Fähre. Es gibt angenehmere Gelegenheiten, im Rampenlicht zu stehen. Zum Glück wurde uns ziemlich bald vom wackeren Fährpersonal Starthilfe gegeben; offenbar war die Batterie leer, obwohl kein Strom verbraucht wurde. Der gutgemeinten Empfehlung entsprechend fuhren wir dann erst einmal ein gutes Stück hin und her, um die Batterie wieder aufzuladen. Ein lohnenswerter Stop in Wellington, wie er geplant war, verbot sich so natürlich. Stattdessen haben wir jetzt einen bemerkenswerten Überblick von Innentadt und Vororten auf sämtlichen Straßen - Sightseeing einmal anders. Leider drohte irgendwann der Tank nur noch mit Luft gefüllt zu sein, also mussten wir später an einer Tankstelle dann doch einmal Halt machen.
Vollgetankt und frohen Mutes konnte es also weitergehen. Hätte es weitegehen können, um genau zu sein. Denn der Van zog es einmal mehr vor zu streiken. Inzwischen routiniert in Starthilfe auftreiben, gelang es uns aber bald wieder, den Widerstand unseres uns nicht mehr hundertprozentig treuen Vehikels zu brechen. Statt Zuckerbrot bekam es nun die Peitsche zu spüren.
Einen extensiveren Ladevorgang vor Augen fuhren wir etwas spontan erst einmal weiter Richtung Norden, bis der Tag langsam zur Neige ging und wir das Gefühl hatten, jetzt müsste alles aufgeladen sein. Levin hieß der Ort der Bestimmung, und dort verlief der Abend wirklich entspannt. Die Unbehaglichkeiten eines Roadtrips sollten nun abehakt sein.
Hätten sollen, besser gesagt. Am nächsten Morgen holte unser zäher japanischer Ex-Verbündete nämlich zum erneuten Gegenschlag aus. Festgesetzt auf einem Campingplatz im Halbniemandsland spürten wir, dass nun die Zeit für eine große, vielleicht schmerzhafte Entscheidungsschlacht gekommen war. Was in alten Zeiten die Kavallerie war, trug für uns die beiden magischen Buchstaben "AA". Der neuseeländische ADAC. Unser neuer Bundesgenosse war schnell am Einsatzort und kämpfte mit den härtesten Bandagen. Schnell entlarvte er die Untätigkeitsattacken unseres Fahrzeugs als Strohfeuer. Die Batterie war nämlich in bestem Zustand und - wen wundert es auch nach unserer Vorleistung - voll aufgeladen. Lediglich ein Übermaß an hartnäckiger Kontaktstellenkorrosion verhinderte im wahrsten Sinne des Wortes, dass der Funke übersprang. In diesem Fall von Batterie zu Motor. Ein kleiner und präziser "surgical strike", den amerikanische Antiterrortruppen nicht effektiver hätten setzen können, und schon war der Feind wieder ein Freund. Nun lief alles wieder wie geschmiert!
Unsere weitere Tour gen Norden führte uns nach diesem Abenteuer in eine malerische Region, die aber leider voller olfaktorischer Herausforderungen war. Das vulkanische Gebiet um den Lake Taupo herum bis nach Rotorua, einer Maori-Hochburg, hinein ist nämlich gesäumt von Schwefelquellen aller Formen und Farben. Konstant war in dieser Abwechslung von heißen Thermalquellen ("champagne pool"), kochenden Schlammtümpeln ("devil's ink pot") und sprudelnden Geysiren (vorzugsweise nach Frauen benannt) nur der mitunter beißende Gestank nach faulen Eiern. Hatte man sich aber einmal daran gewöhnt, was Nina nicht ganz so gut wie mir gelang, war es herrlich. Die Macht der Natur und vor allem die grenzenlose Gewalt der Erde, die dieses Land erst in Zeiten jüngerer geologischer Geschichte geformt hat, raubte einem den letzten Atem (wenn man noch ein wenig Luft im Schwefelgestank übrig hatte). Gerade weil das Wetter nun leider schon gewohnt kühl und regnerisch blieb, waren unsere Bäder in heißem Quellwasser eine umso größere Wonne. Die Entspannung tat nach der ganzen erlebten Aufregung auch wirklich gut!
Inzwischen sind wir nun bis nach Auckland vorgedrungen und haben sowohl Gestank als auch schlechtes Wetter hinter uns gelassen. Sogar unser versöhnter Van, nun mit über 492.000 km auf dem Tacho, ist nicht mehr unser Weggefährte. Eigentlich schade, denn es war eine alles in allem phantastische Tour durch die oft menschenleeren Weiten Neuseelands. Hier in der Stadt ist es überhaupt nicht mehr menschenleer, sondern ziemlich geschäftig. Wir können weder Gutes noch Schlechtes berichten; hervorstechend sind allein die Weltklasse-Cookies von Mrs. Higgins auf der Queen Streen sowie natürlich der Sky Tower, das höchste Gebäude der südlichen Hemisphäre. Von dort oben in 220 Metern Höhe hat man einen wunderbaren Blick auf die Stadt und die sich hineinschlängelnde Bucht mit ihren zahllosen Segelbooten. (Auckland wird zu Recht "City of Sails" genannt.) Ein gelungener, weil erhabener und erhobener Abschluss unserer Neuseeland-Etappe.
Fidschi wird um einiges beschaulicher ausfallen. Inzwischen sitzen wir in Nadi am Flughafen und warten auf unseren Flug nach Kadavu; für mich ist es wie ein wenig "nach Hause" kommen. Wir beide können es kaum erwarten!

Sonntag, 21. März 2010

Neuseeland: unterkühlt und verzaubert auf der Südinsel

Der Flug von Australien nach Neuseeland dauerte nur drei Stunden, führte aber dennoch in eine gefühlt andere Welt. Schon der Flughafen in Christchrch, immerhin eine der größten Städte des Landes, wirkte eher wie ein durchschnittlicher australischer Busbahnhof als das Ziel vieler internationaler Airlines. Auch die Stadt selbst kommt eher wie ein schrullig-schnuckeliges englisches Dorf daher, einladend und gemütlich, aber eben kaum städtisch. Apropos englisch: Die Fahrt vom Flughafen ins Zentrum erzeugte bei uns ein kleines Déjà-vu, nur in mindestens zwei Nummern kleinerer Ausführung. Die erste Busfahrt unserer Weltreise in London von Gatwick ins Zentrum erzeugte annähernd die gleichen Bilder von kleinen Vororten und wuseligen Wiesenlandschaften. Canterbury is indeed very British. Ungefähr so kalt wie hier - es waren ungewohnte 18 Grad - dürfte sich wohl auch der Spätsommer im britischen Mutterland anfühlen.
Es sollte aber noch ungewohnter kommen, als wir am nächsten Tag unserem nunmehr gewohnten Fortbewegungsdrang die erhoffte Befriedigung verschafften. Ein kleiner Campervan ist nämlich nun vorübergehend in unserem Besitz, mit dem wir recht rasant zuerst die Süd- und dann die Nordinsel unsicher machen können. Das gute Stück ist zwar nicht das jüngste und modernste Exemplar seiner Art, doch hat es mit kombinierbarer Sitz- Bettecke, Küchenzeile und Kühlschrank alles was das Globetrotterherz begehrt. Und die inzwischen geknackten 490.000 km auf dem Tacho zeugen zumindest von einer gewissen Zuverlässigkeit des Vehikels. Also nichts wie los und ab in den Süden!
Große Vorschusslorbeeren erntete die Südinsel Neuseelands bei uns, denn jeder, mit dem wir über das Land der Kiwis sprachen, schwärmte vor allem vom malerischen Süden. Nun, er ist in der Tat malerisch. Allein die Farben der Natur fallen hier viel intensiver als gewohnt aus, sei es das milchige Blau der sanften Bergseen, das Sandbraun der steilen Berge im Osten oder das satte Grün des kalten Rgenwaldes im schroffen Westen. Ebenso faszinierend ist der ständige und doch immer wieder plötzlich wirkende Wechsel von flachen Ebenen und empor schießenden Berghängen von oft über 1.000 Metern Höhe. Lorbeeren erhält die Südinsel also auch in Retrospektive von uns. Allerdings - und hier gehen unsere Meinungen das erste Mal erwähnenswert auseinander - vergibt Nina deutlich mehr Pluspunkte als ich. Denn ich bin jetzt einfach froh, in den warmen und eher tropischen Norden zu fahren. Je weiter südlich wir gelangten, desto kälter wurde es nämlich; 15 Grad Tageshöchstwert war schon ein wohliges Gefühl! Die Nächte im Van waren ohne Heizstrahler nicht auszuhalten. Dies ist für mich ein echtes Ausschlusskriterium, denn ich liebe die Wärme und wollte unserem ungemütlichen deutschen Winter entfliehen. Auch waren für mich die Landschaften oft überraschend karg; auch nicht gerade ein Paradies für Liebhaber von üppiger vielfältiger Vegetation. Nina hingegen liebt die Farb- und Formenkontraste der weitläufigen unberührten Landschaften, die auch immer etwas Mysthisches mitschwingen lassen. Die Abwechslung von Bergen, Wiesen, Seen von unglaublicher Farbe und natürlich die vielen Schafe lassen ihr Herz höher schlagen. Das Land von "Der Herr der Ringe" ist genau ihres. Stimmig ist wiederum, dass ich mit diesen Geschichten wenig anfangen kann. :-)
Alles in allem wollen wir beide aber die Zeit hier nicht missen. Die Campervantour ohne große Pläne in die Weite der Natur hinein gerade zu den unbekannten Orten, an die uns die Stimmung treibt, ist gelebte, pure Freiheit! Hier ein Stop, da ein Abstecher, und wenn uns der Hunger packt, dinieren wir mit Hilfe der Vanküche einfach ungestört irgendwo im Nirgendwo. Großartig!
Zu sehen bekamen wir nebnbei Orte, deren Namen für Uneingeweihte wie Schall und Rauch klingen und daher nichts zur Sache tun sollen. Grob skizziert führte uns unser Roadtrip in einer im Uhrzeigersinn gezogenen Schleife von Christchurch aus über die großen Seen und am alles überragenden Mount Cook vorbei am südliche Queenstown bis an die feuchte, vom wilden Ozean gepeitschte Westküste. Dort passierten wir zwei Gletscher (einen mit dem skurrilen Namen "Franz Josef"), die fast auf Meereshöhe im kalten Regenwald liegen - was für ein Kontrast! Je weiter nördlich wir gelangten, desto wärmer wurde es zu meiner großen Freude auch wieder, ohne dass die Schönheit der (hier deutlich bewachseneren) Landschaft zugleich zu leiden hatte. Heute mussten wir schließlich nicht mehr frieren, denn im nördlichen Fjordland der Südinsel auf dem Weg zum Hafen von Picton entdeckten wir die Sonne wieder. Schaurig konnte es nur zwischenzeitlich auf der vielleicht kurvenreichsten Bergtrecke, die wir bislang gefahren sind. Der Weg zur Fähre bietet nämlich glichzeitig spektakuläre Ausblicke und bedrohliche Schluchten an enger Fahrbahn. Hier sollte man wirklich nur ausgeschlafen fahren!
Zu der nun nötigen Entspannung verhilft uns gerade die Fährfahrt nach Wellington. Die See ist ruhig, wir können uns also stressfrei auf den zweiten Teil unserer Neuseeland-Campervantour vorbereiten. Auch unser geschundenes Fahrzeug darf mit und wartet im Bauch des Schiffes auf uns. Gleich holen wir es wieder ab und warten auf das, was danach geschehen wird.

Sonntag, 14. März 2010

Australien: Zurück in der Zivilisation

Das anstrengende Outback haben wir nun endgültig hinter uns gelassen und befinden uns nun wieder zurück in der Zivilisation, die in unserem Fall auf den Namen Melbourne hört. Bis dorthin brauchte es freilich etwas mehr als nur eines Wimpernschlags (oder, um es etwas mehr erfahrungsunterfüttert zu sagen: der inzwischen instinktiven Fliegenverscheuchungshandbewegung).
Der Zug von Alice Springs nach Adelaide - genannt "The Ghan" angelehnt an die zuvor auf der Strecke eingesetzten afghanischen Kamele - brauchte nur etwas weniger als 24 Stunden, um die Südküste Südaustraliens zu erreichen und war damit sogar seinem eigenen Fahrplan ein wenig voraus. Ob dies auch die Deutsche Bahn so gut hinbekommen hätte darf nicht nur auf Grund allgemeiner Erfahrungswerte, sondern auch angesichts des logistischen Aufwands zumindest angezweifelt werden. Der "Ghan" schlängelt sich nämlich in 900 Metern Zuglänge durch eine fast durchweg einspurige Strecke mit Gegenverkehr in Form von Güter- anderen "Ghan"-Zügen durch die Wüste. In Adelaide angekommen passte das Monstrum wegen seiner Länge nicht einmal in den Bahnhof, sondern musste erst zweigeteilt werden. Trotzdem hatten wir schleunigst unser Gepäck in der Hand und konnten einen halben Tag die Stadt unsicher machen.
Obwohl wir während der Fahrt fast nur rostrotes Nichts gesehen hatten, erwies sich Adelaide schnell eher als Provinzstädtchen denn als Metropole. Die offiziell angegebenen 1,1 Millionen Einwohner müssen sich wohl auf ein riesiges Umland (unser Tipp: den kompletten Staat South Australia) beziehen, um irgendeine Legitimität zu erlangen. Der Ort mit einer lebhaften Chinatown verdient das Prädikat "ganz nett", das ist aber auch alles. Umso besser für uns, dass wir nicht mehr Zeit hier eingeplant hatten, sondern schon am Abend in den Nachtbus nach Melbourne stiegen.
Spätestens seit gestern Morgen, unserer Ankunft an der repräsentativen Southern Cross Station, sind wir wieder vollends in der Zivilisation. Melbourne hat einfach alles zu bieten: ein malerisches Stadtbild, breite prachtvolle Hauptstraßen und kreuzende mediterran wirkende Seitengässchen mit malerischen Cafés sowie nicht zuletzt eine gelebte Gastfreundlichleit mit vorbildlichem Besucherservice. An jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken, egal ob zu Fuß oder auf einem der kostenlosen (!) Besucherbusse bzw. - straßenbahnen. Schnell war uns klar, dass das ewige von Rivalität geprägte Duell zwischen Sydney und Melbourne jedenfalls bei uns zu Gunsten der südlichsten Stadt Australiens im Staat Victoria entschieden wurde.
Exemplarisch für das gewisse Extra, das man hier kontinuierlich spürt, soll hier die Sportbegeisterung der Melbourner angeführt werden. Rugby und etwas weniger auch Fußball begeistern die Stadt ebenso wie die Australien Open Tennis oder der bald anstehende Formel
Eins Grand Prix. Die Mutter aller Emotionen wird trotz allem aber bei Australian Rules Football geschürt, einer besonders harten und abgefahrenen Variante des Rugby auf ovalem Spielfeld, die in Melbourne ihre Wurzeln hat. Ich gönnte mir das Erlebnis, bei dem Finale des "Vorsaisonpokals" (sprich: es ging um die goldene Ananas, ähnlich wie beim Super Cup in der Bundesliga) dabei zu sein. Melbourne spielte im kleinen Stadion, das nach einer Fluggesellschaft aus Abu Dhabi benannt ist und "nur" 50.000 Zuschauer fasst, unter sich. Die Westend Bulldogs besiegten St. Kilda F.C. mit 104:64, und ich habe nichts verstanden. Die Stimmung war dennoch prächtig und es ging körperlich ordetlich zur Sache. Ein netter Sportabend, obwohl ich leider den wahren Sporttempel, den Melbourne Cricket Ground mit 100.000 Plätzen, verpasst habe. Wie auch immer, ich war gut beschäftigt und Nina wurde für ihre Geduld später mit einer gemeinsamen Flasche Wein auf der Dachterrasse unserer Unterkunft belohnt.
Heute gingen wir den zweiten Teil des Sightseeing etwas lockerer an, wohl wissend, dass wir eh mal wieder zu wenig Zeit hatten. Die Innenstadt und auch das Strandviertel von St. Kilda kennen wir nun immerhin etwas besser. Ein ordentliches australisches Dinner mit Krokodil, Emu und Känguru rundete dieses ausgezeichnete Wochenende schließlich gekonnt ab.
Wir brauchen jetzt nur noch etwas Schlaf, um morgen früh fit für Neuseeland zu sein.

Mittwoch, 10. März 2010

Australien: Outback und Uluru oder das Land der Fliegenplage

Alice Springs, die Stadt mitten im großen Nirgendwo des australischen Outbacks, hat nicht viel zu bieten, diente aber auch nur als Ausgangspunkt für unser dreitägiges "richtiges" Outback-Anenteuer. Nur knapp 500 km weiter westlich befindet sich nämlich eines DER Symbole der südlichen Hemisphäre: Uluru, bei uns besser bekannt als Ayers Rock. Aus Respekt vor dieser heilien Stätte der Anangu, einem Aboriginiestamm, sollen hier die traditionellen Bezeichnungen
verwendet werden.
Um Uluru zu sehen, nahmen wir einige Strapazen auf uns auf; von manchen wussten wir vorher, manche überraschten uns doch sehr. Zunächst sind drei Tage Camping im Outback ohne gewohnte sanitäre Einrichtungen mit Schlafplätzen unter freiem Himmel in einem von nicht
immer freundlich gesinnten Dingos (eine Art Buschwolfshund) beherrschten Savannenland sicher nicht jedermanns Sache. Diese Erfahrung möchten wir aber auch im Nachhinein keinesfalls missen. Schon die Lagerfeuertmosphäre mit gleichgesinnten und mit interessanten Reisegeschichten ausgestatteten Backpackern hatte ihren Charme. Aber vor allem der ungetrübte Blick vor dem Einschlafen auf einen glasklaren Sternenhimmel mit der Milchstraße in ihrer vollen Pracht ließ das Fehlen jeglicher Annehmlichkeiten mit einem Wimpernschlag vergessen. Da machte es auch nichts mehr, dass tagsüber die Sonne bei über 30 Grad knallte, es aber nachts durchaus mehr als 15 Grad kälter werden konnte.
Die große unbekannte Strapaze hingegen mag für den Außenstehenden zunächst wie eine Lappalie aussehen, doch nach eigener konsistenter Erfahrung ist sie der entscheidende Grund, warum wir froh sind, jetzt wieder aus dieser Halbwüste entkommen zu sein: Fliegen! Und wir
sprechen hier nicht von den uns bekannten Stubenfliegen, sondern von zwar phänotypisch ähnlichen, dafür aber viel penetranteren und widerstandsfähigeren Plagegeistern. Kaum hat man sich versehen, krabbeln die Biester einem auch schon durch jede zugängliche Körperöffnung. Wind und schnelle Bewegungen können ihnen nichts anhaben. Und wenn schon ein Exemplar geeignet ist, die Nerven seines Opfers in Windeseile zu drangsalieren, wie soll es bloß mit hunderten Fliegen um eine Person herum aussehen? Wer das wirklich wissen möchte,
muss nach Uluru kommen, denn hier wird der Alptraum zur Realität. Ohne - zugegebenermaßen ziemlich lächerlich aussehende - Hüte mit imkerartigem Gesichtsschutznetz konnten wir uns kaum im Freien aufhalten. Nur bei Dunkelheit scheint sich die Plage eine Auszeit zu nehmen. Unerträglich!
Angesichts der Erhabenheit von Uluru und der ganzen Region ist es umso trauriger, dass die Fliegen unsere eindringlichste Erfahrung waren. Die Heiligtümer der Anangu muss man trotzdem gesehen haben, denn sie sind nicht nur prachtvoll anzusehen, sondern auch von einzigartiger geologischer und ebenso mythologischer Bedeutung. Ohne den ohnehin schon geduldigen Leser mit wissenschaftlichen Details langweilen zu wollen, die qualifiziertere Personen sowieso besser darlegen können, sei nur Folgendes erwähnt:
Die Tatsache, dass mitten in der flachen Einöde von rotem Sand und vertrocknetem Buschwerk plötzlich gewaltige, wohlmodellierte, freistehende Felsformationen mehrere hundert Meter aus der Erde ragen, bewirkt schon für das ungeschulte Auge eine mitunter magische Faszination. Dies gilt gleichermaßen für den etwas entfernten Kings Canyon, der mit seinem grünen "Garten Eden" einen oasenartigen Kern vebirgt. Umsere größte Beachtung verdienten trotz dieser Naturfaszination die mythenumwobenden Felsen von Uluru und dem nahe erreichbaren Kata Tjuta, welches aus irgendeinem kolonialchauvinistischen Grund auch "The Olgas" genannt wird.
Die beiden letzteren Stätten sind noch heute fester Bestandteil des Lebens der Anangu, über deren Kultur wir beispielhaft für die übrigen ca. 250 verbliebenen Agoriginie-Völker einiges lernen durften.
Als bittere Randbemerkung sei erwähnt, dass heue nur noch um die zehn Prozent der ursprünglichen indigenen Volksstämme in Australien existieren. Der Rest wurde Opfer des Expansions- und Eroberungsdranges europäischer Siedler. Man kann nicht ganz ungewollt erkennen, dass uns dieser Ausflug nicht nur eine ganz neue Sicht auf das riesige Australien geliefert, sondern auch zum Nachdenken angeregt hat. Das Trauma der Aboriginies ist bis
heute nicht überwunden, und ignorante Touristen, die trotz ausdrücklicher und multilingualer Bitte der Anangu, Uluru aus Respekt vor ihrem Heiligtum nicht zu besteigen, den Fels dennoch waghalsig hinaufklettern, tragen ihren unrühmlichen Teil dazu bei. Selbst die für uns als furchtbar empfundene Fliegenplage, aufgrund derer wir auch wahrscheinlich in Zukunft nicht mehr wiederkommen werden, rückt angesichts anhaltender interkultureller Respektlosigkeiten in den Hintergrund.
Zum Schluss nun soll der mahnende Zeigefinger behutsam wieder eingefahren werden. Neue Abenteuer warten schon. Nach unserer heutigen Übergangsnacht in Alice Springs fahren wir morgen mit dem Zug (!), dem sogenannten "Ghan", für ca. 24 Stunden durchs Nichts nach Adelaide und von dort aus weiter mit dem Bus nach Melbourne.

Sonntag, 7. März 2010

Süd-Nord-Fahrt und Abtauchen

Nun ist schon wieder mehr als eine Woche vergangen seit unserem letzten Lebenszeichen, die Zeit zerrinnt wirklich wie im Fluge. Langweilig wird es nie, dafür ist unser Programm allein schon zu dicht und Australien einfach zu groß. Aber auch faszinierend, dazu sogleich im Verlauf dieses nicht ganz kurzen Blogeintrags. Der guten Übersicht halber gliedere ich wieder unsere einzelnen Stationen wie schon beim letzten Mal auf:

I. Sydney
Die letzen Tage in Sydney waren nett, wenn auch weit weniger aufregend als man angesichts der stark verbreiteten Lobgesänge über diese Metropole hätte erwarten können. Bitte nicht falsch verstehen: Die Stadt ist wirklich schön, das Hafenpanorama Weltklasse, aber irgendwie konnten wir den oft gelobten besonderen Chatakter Sydneys nicht so recht aufsaugen. Vielleicht war es der zahlreiche Regen oder doch der kurze Zeitplan unseres Aufenthaltes. Ein vielleicht irgendwann zukünftiger zweiter Eindruck zur Justierung dieses Bildes soll nicht ausgeschlossen werden. Jedenfalls das vollmundig angekündigte Mardi Gras Feiern war für uns nicht Involvierte nicht so ausgelassen und großspurig wie es der CSD in Köln sein kann. Köln ist einfach ein Gefühl, und genau das ist Sydney eben nicht.
Schön war es dennoch, insbesondere unser Sonntags-Ausflug mit Markus nach Manly, einen Strandbad-Vorort der mit der Fähre auf einer entspannten Fahrt durch den malerischen Hafen. Manly hat neben schönen Stränden, Spaziergängen durch die subtropische Fauna und verlockenden Eiscafés sogar einen Aldi-Markt zu bieten. Was will man mehr? ;-)

II. Blue Mountains
Mit dem Wohenende verging schließlich auch unsere Zeit im Zentrum von Sydney. Es stand ein Auto für uns bereit, um das riesige Drumherum näher in Augenschein zu nehmen. Zunächst war dies gleichbedeutend mit den Blue Mountains, einem bergigen Naturspektakel voller Eukalyptuswälder und Gebirgen um die 100 km westlich von Sydney entfernt. Serpentinenartige Straßen, gewaltige Steigungen und anfangs auch der ungewohnte Linksverkehr machten schon die Anreise zu einem Erlebnis mit gewissem Abenteuerfaktor. Erschwert wurde das Ganze durch mitunter heftigem Regen, doch dennoch war allein schon die pittoreske Strecke den Aufwand wert! Unser Hauptziel, ein Bushwalk durch die Wälder, lag allerdings wegen des anhaltenden Regens in weiter Ferne. So quartierten wir uns erst einmal in einem schnuckeligen Hostel im Örtchen Katoomba ein und kochten uns etwas Warmes gegen die - jawohl! - ungewohnte Kälte. Am nächsen Tag sollte aber alles besser werden, so wurde uns jedenfalls angekündigt...
Und wirklich: Die Wolken wurden weniger, sogar die Sonne ließ sich kurz erahnen. Ausreichende Bedingungen für einen Bushwalk! Im örtlichen Visitor Centre wurde allrdings angekündigt, dass es am Nationalparkteil eines "Orange" genannten Ortes sonnig sein sollte. Also nichts wie dorthin! Auf der Karte sah es nicht weit aus, und ein Auto hatten wir ja.
Nach fast zwei Stunden Fahrt war es tatsächlich herrlich sonnig, aber Orange war noch nicht erreicht. Allerdings lag auch der Nationalpark um Einiges hinter uns; irgendetwas stimmte nicht. Es gab nur einen als "Orange" bezeichneten Ort, der war aber definitiv weiter im Hinterland. Immerhin stimmte die Wettervorhersage. Unser Zeitplan stimmte allerdings gar nicht mehr, also fuhren wir schweren Herzens nicht zurück in die Blue Mountains, sondern durch das weitläufige Hinterlands gen Norden. Unser Ziel sollte Neuengland sein, da wo wenig Menschen, aber viel Vieh und ebensoviel Countrymusik beheimatet sind. Das andere Australien eben, das wir auch unbedingt kennenlernen wollten. Und so begann er, unser

III. Roadtrip Richtung Brisbane
Nach einer weiteren Stunde Fahrtzeit wurde allerdings auch unser neuer Plan von höherer Gewalt durchkreuzt: Auf der in einem Radius von über hundert Kilometern einzigen Straße nach Norden gab es einen Unfall, die Strecke wurde deshalb bis auf weiteres komplett gesperrt. Mangels alternativer Verkerswege gab es natürlich auch keine Umleitung. Für uns hieß das: Zurück Richung Osten, um dann eine andere Nordroute zu nehmen. Der so unfreiwillig verlängerte Roadtrip bedeutete einen ganzen Tag am Steuer. Als Entschädigung wurden uns aber unbezahlbare Eindrücke aus der schier unendlichen Weite des von üppiger Natur gesegneten Hinterlandes voller sattgrüner Hügel und grenzenloser Waldlandshaften geboten. Menschen oder gar größere Ortschaften gab es dagegen so gut wie keine. Besonders bemerkenswert ist dies erst recht dann, wenn man sieht, was für einen lächerlich kleinen Ausschnitt der Landkarte Australiens wir nur befahren hatten. Der Mensch ist hier besonders klein. Selbst in der Stadt, die wir am Abend erreichten - Tamworth - wirkte es sehr ländlich um verschlafen. Abgesehen von dem hier alljährlich stattfindenden Countrymusik-Festival gibt es hier wirklich nichts außer recht einfachen Menschen und einem Bahnhof, der eine lang anhaltende Flucht in belebtere Ziele zu versprechen scheint.
Eine eben solche Flucht traten auch wir nach einer Übernachtung in der dennoch irgenwie auch mal faszinierenden Belanglosigkeit an. Unser Tagesziel hieß Byron Bay und stand mehr denn je für Sonne, Strand - und Menschen! Doch auch der Weg war das Ziel. Neuengland, das landschaftlich seinen grünen Hügeln tats
ächlich englische bis irische Züge aufweist, sollte es noch ein wenig bleiben, doch mit der Zeit wurden aus den Hügeln Berge und aus den Wiesen und Sträuchern ausgewachsene Primärwalder. Und es wurde wieder feuchter, manchmal richtig nass und wolkenverzogen. Das dabei nicht gerade angenehme Fahren wurde zum Glück mit Ausblicken auf atemberaubende Schluchten und majestätische Wasserfälle versüßt. Das war Natur pur und richtig schön!
Trotzdem war zumindest ich als Fahrer froh, dass irgendwann die Bergpässe mitunter nur zehn Metern Sichtweite von ausgebauten und schnelleren Straßen abgelöst wurden, die in die Sonne führten. Byron Bay erreichten wir schließlich am Nachmittag und sogen sofort die Wärme und Helligleit in uns auf, bis die Sonne in prachtvollen Farben unterging.
Unser nächster Vormittag war ganz dem Strand zur Entspannung gewidmet. Aber das beste am ohnehin schönen Urlaubsörtchen ist das Eiscafé kuz vor der Promenade. Hier wird das Eis täglich aus frischen Zutaten hergestellt, und das schmeckt man such! So wie dort das Mangoeis schmeckte schmeckt bei und zu Hause keine "frische" Mango. Ein Traum! Jeder, der nach Byron Bay kommt, muss hier einfach ein Eis essen!
Nach diesem Hochgenuss waren wir so richtig motiviert, unseren letzten Streckenabschnitt nach Brisbane zu meistern. Ein Klacks im Vergleich zu den Touren der Vortage!

IV. Brisbane
In Brisbane blieb uns noch ein halber Tag, und wir müssen vorweg nehmen: leider! Die Stadt hat ein ganz eienes Flair in einer Mischung aus Abwechslungsreichtum und queensländischer Gelassenheit. So wie der Fluss, der sich durchs Zemtrum schlängelt, ist auch die Stadt selbst an jeder Ecke für etwas Neues gut. Architektonisch ist sie allein wegen ihrer unzähligen ausgefallenen Brückenkonstruktionen ein Traum, außerdem treffen hier viel prägnanter als in Sydney kleine alte Schmuckstücke im Kolonialstil auf geschmackvolle moderne Gebäude. Jede Ecke lädt zum Verweilen ein, besonders aber das Strandbad am Fluss mit Pools, Palmen und Grillplätzen zur freien Benutzug. Wir waren uns einig, dass wir so etwas auch gerne in Köln hätten. Allerdings hat Brisbane viel mehr Sonnentage und keinen nennenswerten Winter; hier lohnen sich solche tollen Anlagen einfach mehr. (Und ich möchte noch hinzufügen: Am liebsten würde ich auch das Klima nach Köln übertragen...)
Schade, dass wir am nächsten Morgen schon weiterreisen mussten. Unser Flugziel hieß Townsville im tropischen Nordqueensland.

V. Nordqueensland und das Great Barrier Reef
In Townsville angekommen stand ein weiterer Mietwagen für uns bereit, der Roadtrip konnte also fortgesetzt werden. Mit den Straßenerfahrungen der letzten Tage geimpft verspürten wir allerdings wenig Lust auf weitere zeitintensive Hinzerlandexperente und hielten uns deshalb an der Küste auf. Nicht zuletzt weil das Great Barrier Reef ganz oben auf unserer Agenda stand, war diese Taktik auch umso mehr angezeigt.
In Townsville konnte man Ausflüge zum Riff nicht so gut organisieren, daher bleiben wir in diesem schönen, sonnigen und warmen Städtchen mit vielen Kolonialbauten nur kurz. Der Highway nach Norden rief nach uns, Cairns war das Ziel. Bis dorthin - lächerliche 370 km - war die Klimaanlage im Auto ein wahrer Segen, denn draußen knallte die Sonne unnachgiebig bei Temperaturen um die 35 Grad. Ich liebe die Tropen, aber am Steuer darf es ruhig gemäßigt zugehen. Vorbei an Regenwäldern, Flüssen und gelegentlich auftreenden Ortschaften schafften wir es bereits auf dem Weg in einer Touristeninformation eine Schnorcheltour zum Great Barrier Reef zu buchen. Der nächste Tag war gesichert! Mit so viel Entspannung gönnten wir uns auf der Weiterfahrt eine Weinprobe der besonderen Art: Die "Tropical Winery" am wenig beruhigend klingenden Ort "Murderers Point" stellt Wein aus Tropenfrüchten her. Das Zeug ist wirklich gut, kein übersüßes Kopfschmerzgepansche, sondern tatsächlich Wein mit wohl dosiertem Passionsfrucht-, Mango- oder auch Ingweraroma. Gekühlt genau das Richtige an einem tropischen Abend!
Der tropische Abend in Cairns fiel jedoch gemächlich aus, immehin wollten wir fit sein für das - aus heutiger Perspektive gestrige - Riffschnorcheln. Und das war unbeschreiblich schön! Der Tag auf dem Ozean unter Anleitung von Fachpersonal war ein bisheriges Highlight unserer Weltteise. Zwei Schnorchelgänge am Great Barrier Reef offenbarten sicher nur einen Bruchteil dieses unfassbar vielfältigen, wunderschönen und doch zugleich labilen Ökosystems. Dennoh reichte dieser winzige Ausschnitt aus, bei uns als Betrachter einen Overkill an Eindrücken von Farben, Formen und Arten zu verursachen! Korallen in unendlich vielen Ausprägungen, Fische in allen Farben des Regenbogens, in jeder Größe und auch in den undenkbarsten Formen sowie sogar Meeresschildkröten, die in eleganter Langsamkeit unbeeindruckt unsere Wege kreuzten sollen das auszudrücken versuchen, was eigentlich unbeschreibbar ist. Man muss es einfach selbst gesehen haben!
Am Ende des Tages, nach so viel Erlebten, versuchten wir das Ganze auf die Aussie-Art zu verarbeiten: bei einem Barbecue in dem auch für Cairns obligatorischen Strandpark. Känguru und Weißwein ließen uns ein wenig wieder runterkommen.

VI. Hier und jetzt: Outback
Heute mussten wir das alles schon wieder hinter uns lassen. Jetzt sind wir im Inland, mitten im Outback in der Stadt Alice Springs gelandet. Die nächste Stadt ist über 500 km entfernt, hier ist Savanne und Wüste in Braun- und Rottönen vorherrschend. Morgen geht es zum weltberühmten Ayres Rock. Wir sind schon auf die nächsten Abenteuer gespannt!

Sonntag, 21. Februar 2010

Finally Down Under

Es ist geschafft! Nun sind wir (fast) am anderen, zur Zeit sonnigen und warmen Ende der Welt angekommen. Schon einen Tag duerfen wir das bunte Leben in Sydney geniessen, und das ist tatsaechlich woertlich zu nehmen. Denn dieses Wochenende ist "Madi Gras", die australische Ausgabe des zumindest den Koelnern wohl bekannten "Christopher Street Day". Heute Abend erwartet uns die beruehmte Parade, und wir sind schon gespannt, ob es genauso bunt und heiss sein wird wie es im Sommer bei uns zu Hause zugeht... Wir erwarten es zumindest! ;-)

So viel sei zum Hier und Jetzt vorab bemerkt, allerdings schulden wir der geneigten Leserschaft noch einige Nachtraege seit unseres letzten vernuenftigen Internetzugangs in Dubai. Daher jetzt eine chronologische Nachlese einer Essenz unseres dichten Erlebnisstrausses der letzten Tage:


I. Dubai - der letzte volle Tag
Wie im letzten Post antgekuendigt, erwartete uns Grosses. Die Erwartung wurde bestaetigt. Auf uns wartete naemlich ein stattliches Allradfahrzeug, um uns in die menschenleere Oednis der arabischen Wueste zu befoerdern. Weniger als eine Stunde ausserhalb der surrealen Protzwelt des zu Recht nun unter Problemen leidenden Dubai sahen wir uns eines in tausend Rottoenen schimmernden sandigen Nichts ausgesetzt. So kann es zumindest aussehen, wenn man sich nicht umdreht und die anderen Touristen auf Wuestensafari im Blickfeld hat - es waren wirklich einige. Dennoch war das Erlebnis atemberaubend, sei es die Action auf einem Quad durch den Sand zu duesen oder aber die atemberaubende Weite und Ruhe des Duenenmeeres in der untergehenden Sonne. Ein toller Abschluss des ersten Zieles unserer Weltreise!

II. Singapur
Am naechsten Tag flogen wir nach einem Strandausflug an der arabischen Kueste weiter ins tropische Singapur. Ueber 30 Grad und an die 100 Prozent Luftfeuchtigkeit konnten uns nicht abschrecken, diese faszinierende Metropole zu geniessen. Es sei vorweg genommen, dass Singapur so viel an Moderne, Multikulturalitaet und zugleich Natur zu bieten hat, dass unser kurzer Aufenthalt gaenzlich unangemessen war, um einen Grossteil der Faszination des wohlgeordneten Stadtstaates richtig zu erfassen. Wir muessen irgendwann wiederkommen und laenger bleiben, und jedem Reiselustigen ist nur zu empfehlen, Singapur nicht nur als Stopover zu betrachten, sondern es mit der Beachtung zu wuerdigen, die es verdient hat. Wir taten es, so gut wir es konnten, und schafften es dennoch nicht zur Genuege. Nostra culpa.
So, nach all der Abbitte nun zu den Fakten. Mit der Metro, deren Verlaesslichkeit und Benuzterfreundlichkeit weltweit ihresgleichen sucht (hier geht ein besonders herzlicher Gruss an die KVB!), fuhren wir durch die Vororte, deren ansehnlicher (!) sozialer Wohnungsbau im Gegensatz zu Chorweiler und Co. hier bestens funktioniert, nach Little India, wo unser Hostel lag. Durchgeschwitzt, aber voller Tatendrang verbrachten wir den ganzen verbleibenden Nachmittag im indischen Mikrokosmos und atmeten das untypische, weil durchaus wuselige Singapur ein. Inder scheinen uns auf der Reise immer wieder zu verfolgen, ohne jemals einen Fuss auf den Subkontinent zu setzen... Wir genossen es, genau wie wir die Hauptbeschaeftigung aller vier in Singapur koexistierenden Ethnien genossen: Essen in allen denkbaren Variation plus den Innovationnen, die ein Melting Pot aus Indern, Chinesen, Malayen und Europaeern hervorbingen kann. Dazu sind die sog. "Hawker Centres" praedistiniert, ueberdachte Akkumulationen von Garkuechen und Strassenimbissen in infrastrukturell und hygienisch vorbildlichen Bedingungen. Selbst in einem Monat hat man nicht genug Zeit, um a) alle Hwaker Centres der Stadt zu besuchen und b) in nur einem Hawker Center alle Gerichte auszuprobieren. So viel zur Vielfalt der Stadt, deren kulinarische Diversitaet als pars pro toto fuer das restliche Leben stehen kann.
Komprimierte Eindruecke der restlichen Stadtteile sammelten wir am naechsten Tag in einer (natuerlich hochtouristischen) "Hop on-hop off"-Tour mit Doppeldeckerbussen durch die Sehenswuerdigkeiten Singapurs. Zwischen Komashopping auf der beruehmten Orachard Road, dem phantasialandaehnlichen Chinatown und dem wunderbar ruhigen und malerischen botanischen Garten (einer Oase der Erholung und - richtig geraten! - Artenvielvalt) konnten wir die Eindruecke kaum verarbeiten, die auf uns einschlugen. Zum Glueck gab es immer mal wieder die leibliche Verarbeitungshilfe in einem Hawker Centre...
Angesichts der viel zu knapp kalkulierten Zeit in Singapur haben wir uns nicht wenig Stress ausgesetzt, aber ein "Must do" fehlte noch: Ein Singapore Sling im beruehmten Raffles Hotel musste unbedingt getrunken werden, obwohl ein solcher Cocktail dort 29,45 Singapur-Dollar (das sind etwa 17 Euro!) kostete. Dafuer gab es ein Ambiente im Kolonialherrenstil im gediegenen Barbereich gratis dazu, ebenso wie Erdnuesse, deren Schalen auf dem Boden der Bar zu verteilen waren. Unser spaeterer knirschender Abgang in die Singapurer Nacht setzte sich im Kolonialherrenstil fort, denn vor der Tuer bot uns ein Rikschafahrer seine Dienste feil, den ich nach ein wenig Verhandlung dazu bringen konnte, uns zu einem Bruchteil des Taxipreises den weiten Weg nach Little India zu fahren. Was fuer ein Erlebnis! Lustig hupend und unermuedlich strampelnd fuhr uns der kleine alte Chinese teils ueber Schleichwege, teils gegen die Fahrtrichtung vierspuriger Hauptstrassen eine halbe Stunde lang nach Hause. Der perfekte Absachluss eines bis kurz davor anstrengenden Tages! Singapur, wir kommen irgendwann wieder! Nicht zuletzt, um eine der beuehmt-beruechtigten Stinkfruechte - Durian genannt - zu probieren, deren Transport in der Metro unter Strafe verboten ist. Leider gelang es uns nicht, ein solches Exemplar ausfindig zu machen.

III. Indonesien: Bintan und Nikoi Island
Am naechsten Morgen mussten wir Singapur leider verlassen, und dies geschah auf dem Seeweg in Richtung Bintan, einer vorgelagerten indonesischen Insel. Von dort fuhr uns ein Taxi mit einem gewagt agierenden Chauffeur auf die andere Seite der Insel, die das Tor fuer unser Erholungsparadies war: Nikoi Island, eine private Ferieninsel mit nur einer sich in das oekologische Gesamtbild einschmiegenden Anlage, weissem Sandstrand und tuerkisfarbenem Wasser. Der Luxustraum, der so gar nicht in unsere Backpackertour passte. Aber das musste fuer die naechsten drei Tage und zwei naechte einfach sein. Und es lohnte sich: Ein eigenes Haus am Strand mit allen Annehmlichkeiten, perfektem Service und zugleich bildschoener Natur sorgten fuer die Erholung, die wir brauchten und uns fuer die weiteren Reiseschritte staerken sollte. Das tat sie noch viel mehr als wir zu traeumen wagten! Nach unserem sonnengesaumten Nichtstun dort waren wir fit fuer Australien. Und damit sind wir wieder im Hier und Jetzt gelandet.

IV. Sydney
Gestern Morgen, nach einem unruhigen Flug im neuen A380 (der unspektakulaerer wirkte als man sich ihn vielleicht ausmalt), landeten wir vollkommen uebermuedet in Sydney. Dies hielt uns allerdings nicht davon ab, die vom Hostel organisierte Staddtour - zu Fuss - mitzumachen. Nach fuenf Stunden Sydney in a nutshell hatten wir Muehe, noch ins Bett zu finden. Es vergingen keine fuenf Sekunden, bis wir eingeschlafen waren... Mit halb aufgeladenem Akku waren wir aber gerade wieder fit fuers Nachtleben, das gestern so aussah, dass wir uns mit Markus (sein Blog: kuhlsen.blogspot.com), der hier gerade arbietet, auf einen Feierabenddrink trafen. Eine Flasche lokalen Weissweins stilecht in eine braune Papiertuete gewickelt, deren Inhalt in Plastikbechern ergossen wird, hat durchaus ihren Charme, wenn sie bei Nacht vor dem weltberuhmten Opernhaus im Hafen getrunken wird. Nicht minder angenehm war das Bier danach, dessen ausschenkender Pub mit einer Dachterrasse mit Hafenblick aufwarten kann. Das war der perfekte Abschluss eines gelungenen und dennoch anstrengenden Tages. Sollte unsere gesamte Nikoi-Erholung schon aufgebraucht sein? Nein, denn heute schliefen wir einfach bis Mittag und holten uns so zurueck, was uns der Flug hierhin genommen hatte!

In diesem Sinne: Weiter geht's mit dem Abenteuer Australien, Madi Gras kann kommen!

Donnerstag, 18. Februar 2010

Es ist Zeit fuer eine erste Wasserstandsmeldung aus Dubai, wo wir gerade in einem ueberraschend schaebigen Internetcafe sitzen und gegen die Langsamkeit des Netzes kaempfen.
Bis vor wenigen Augenblicken haetten wir nicht gedacht, dass Dubai auch jenseits von Superlativen existieren kann. Hier, in einem groesstenteils von Indern am laufen gehaltenen Souk im "alten" Dubai ist das wirklich noch der Fall; geschaeftiges Treiben in farbenfrohen Stoff-, Computer- oder (sagen wir mal) Gemischtlebensmittellaeden laesst hier keine Ruhe einkehren. Eine interessante Erfahrung nach Burj Khalifa, Burj al Arab und Shopping Malls mit penetranter Praesentation des perfektionierten Ueberflusses eingerahmt in sattgruenen Wiesen und Blumen. Dabei gab es hier vor kurzem nur Wuestensand.
Richtig schwach ist es besonders angesichts der vorgelebten unbegrenzten Moeglichkeiten, dass es den Emiratis bislang nicht gelungen ist, die Aussichtsplattform in 800 Metern Hoehe wieder zu eroeffnen. Die schon gebuchten Tickets dafuer wurden lapidar mit einer Rueckerstattung zurueckgewiesen. Dennoch: Die Eindruecke, die zumindest vordergruendig mit Geld erweckt werden koennen, haben auch uns nicht kalt gelassen. Sollten wir noch erwaehnen, dass es auch sonst alles Andere als kalt ist? Es sei hiermit geschehen. Den Winter haben wir in London zurueckgelassen, dessen Intensivsteindruecke einer dreistuendigen Citytour wir heute morgen erst einmal am Hotelpool verarbeiten mussten. Ach ja, und Schlaf hat uns auch gefehlt. Den holen wir jetzt ein weiteres Mal nach, morgen sollen schliesslich grosse Taten folgen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Dienstag, 16. Februar 2010

Herzlich willkommen bei einer kleinen Dokumentation unserer Weltreise!

Ab 17. Februar geht es einmal um den Globus mit folgenden Stationen: London - Dubai - Singapur/Indonesien - Australien - Neuseeland - Fidschi - Samoa - USA (Kalifornien/Las Vegas) - Costa Rica - Panama - USA (Florida) - London.

Wenn alles glatt läuft, sind wir am 14. Mai wieder im schönen (und dann hoffentlich auch warmen) Köln.

Schöne Grüße an die zur Zeit noch eisige Heimat!

Nina und Björn