Sonntag, 9. Mai 2010

Panamá-Stadt - Metropole, Ruine und etwas dazwischen

Unsere zwei Tage und eine Nacht in Panamá-Stadt waren nicht nur der erwartete Kontrast zum entspannten Postkartenidyll von Bocas del Toro, sondern zehrten auch nachhaltig an unserer fleißig in der Karibik aufgetankten Kraft. Die Nachtbusfahrt quer durchs Land in die einzige Metropole zwischen Mexiko und Kolumbien rüttelte uns ziemlich durch, sodass wir um fünf Uhr morgens zwar wach, aber nicht ausgeschlafen die Stadt betraten. Dennoch hieß es für uns nur "carpe diem", denn die Zeit hier war besonders knapp, also erst recht kostbar.
Und ganz gegen den beschämenden Trend im Verhältnis des Euro zu jeder unserer Reisewährung tauschten wir die Zeit zu einem ziemlich guten Kurs ein. Vormittags erkundeten wir die Umgebung unseres Hostels, nämlich die Altstadt auf der Halbinsel südlich der Bucht von Panamá. Casco Viejo, so der Name dieses malerischen Fleckchens Kolonialgeschichte, ist voll mit alten spanischen Gebäuden, vor allem Kirchen, Plätzen und Palästen. Manche sind ganz im Sinne ihres Status als Unesco-Weltkulturerbes bestens restauriert, andere wiederum sind bessere Ruinen hinter einer Fassade. Dem Charme des Viertels tut dies keinen Abbruch, es wirkt sogar recht ehrlich und authentisch.
Ganz im Gegensatz dazu steht die Aussicht, welche die Altstadt zu bieten hat: Blickt man nach Norden, glaubt man New York City zu sehen. Das moderne Panamá-Stadt ist eine glitzernde Hochhauswelt aus Banken, Wohnpalästen und Shopping-Malls. Also ziemlich das letzte, was man in Mittelamerika erwartet, wenn man das Umland und auch die anderen Staaten der Region gesehen hat. Blickt man in die andere Richtung, zeigt sich der pazifische Ozean gesäumt mit Schiffen. Eben diese stehen Schlange vor der Einfahrt in den Panamá-Kanal, den Hauptgrund für den sichtbaren Reichtum eines Großteils der Stadt. Es herrscht einfach überall Betrieb, wir sahen eine pulsierende Metropole.
Den Puls des Pulsierens nahmen wir noch am selben Nachmittag näher in Augenschein. Der Kanal, die Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, ist nicht nur eine logistische wie architektonische Meisterleistung, sondern vielleicht auch ein modernes Weltwunder. Wir sahen zwar nur die Schleusen von Miraflores, einer von dreien solcher Anlagen, doch reichte dies vollkommen, um uns restlos zu beeindrucken. Wenn Schiffe der Panamax-Klasse (größere passen bis zur Beendigung des Ausbaus zu einem noch gigantischeren Wasserweg noch nicht hindurch) die Schleusen passieren, passt buchstäblich nichts mehr zwischen Kanalwand und Schiffsrumpf. Die dort geleistete Präzisionsarbeit mit den Ozeanriesen raubt einem einfach den Atem!
Entsprechend platt waren wir auch am Ende des ereignisreichen Tages, doch der nächste sollte bald folgen. Nach der Kolonialgeschichte und der Moderne war nun Zeit für Entdeckergeschichte. Panamá-Stadt lag nämlich ursprünglich ein wenig weiter westlich am Ozean, bis es nach einem Piratenüberfall niedergebrannt und dann in Casco Viejo neu aufgebaut wurde. Die Überbleibsel aber sind heute noch als Ruinen in einer Art Freilichtmuseum, das in den Großraum der Stadt integriert wurde, zu bestaunen. Über präkulumbische Kultur und spanisches Entdeckertum sind wir nun also auch bestens aufgeklärt. Zur Verarbeitung der ganzen Kost gönnten wir uns den Nachmittag in der Moderne, nämlich im Einkaufs-, Banken- und Vergnügungsdistrikt Bella Vista. Nicht nur der wirklich schöne Blick auf Casco Viejo, sondern auch die klimatisierten Glaspaläste hatten in der feuchten Hitze (ca. 35 Grad!) einen nicht zu unterschätzenden Wert für uns.
Nun ist der Abend angebrochen. Geschlafen haben wir wenig, gesehen und erlebt dafür viel. Im Hostel warten wir jetzt auf den Transfer zum Flughafen, denn statt eines durchaus verdienten Bettes wartet ein Nachtflug nach Florida auf uns. Von Mittelamerika müssen wir uns also bald verabschieden. Panamá-Stadt war sicher unser kontrastreichster Ort auf diesem Reiseabshnitt, es kann einfach nicht in einem Wort charakterisiert werden. Ein Gesamtfazit können wir aber dennoch in einem Satz ziehen: dem Janosch-Zitat.

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